Was ist denn genau passiert?
Ein Mittel, um diese Inflationsraten wieder zu senken, sind Zinserhöhungen. Wegen der Corona-Krise gab es diese schon lange nicht mehr. Die Erhöhung von Zinsen hat einen großen Einfluss auf die Börsen. Außerdem sollen die Wertpapierkäufe zur Stützung der Konjunktur stark abgebaut werden. Diese Maßnahmen gab die US-Notenbank FED im Dezember und Anfang Januar bekannt. Seitdem sind die Börsen im Korrektur-Modus.
Auf den ersten Blick kann man jetzt sagen: Aber die Zinsen müssen doch auch mal wieder steigen. Richtig, früher oder später müssen die Staaten auch wieder aus dem Corona-Krisenmodus raus. Diese Zinserhöhungen haben aber ein sehr großen Einfluss auf die vielen heißgelaufenen und überbewerteten Tech-Werte.
Gerade diese Werte arbeiten mit einem hohen Fremdkapital-Hebel, also Schulden. Kommt es zu Zinserhöhungen hat das einen großen Einfluss auf die Gewinne wachstumsstarker Firmen wie Apple, Amazon, Meta, Netflix oder auch Alphabet, weil sich die Kredite verteuern. Laufen deren Kurse schlecht, hat es wegen der hohen Marktkapitalisierung der Unternehmen auch einen großen Effekt auf die großen Indizes.
Darüber hinaus betrifft es aber auch viele kleinere Werte, die noch keine Gewinne erwirtschaften. Dazu gehören dann ganz viele Werte aus dem High-Growth-Sektor, die während der letzten 2 Jahre zu den absolut gehypten Gewinnern gehörten.
Seit Anfang Januar verlor der Technologieindex Nasdaq ganze 2.000 Punkte bzw. 11 %. Einschlägige Themen-ETFs wie beispielsweise aus dem Cloud Computing-Sektor verloren sogar über 16 %, weil viele Werte aus dem Bereich völlig überbewertet waren. Man kann also sagen, dass ganz viel heiße Luft gerade aus diesen Werten rausgelassen wurde.
Was also tun?
An dieser Stelle verweise ich mal wieder auf die unabdingbare Diversifikation. Wer nur Tech-Werte in seinem Portfolio hat, wird auch künftig immer wieder von Zinserhöhungen getroffen werden. Diese einseitige Anlage mag vielleicht über einen längeren Zeitraum gut funktioniert haben, weil die Zinsen immer wieder gesenkt wurden. Aber wenn die Zinsen erhöht werden, dreht sich das Ganze dann um. Deswegen sind viele unterschiedliche Branchen für eine geringe Volatilität wichtig. So sank der MSCI World mit einer breiten Streuung nur um 6 % im Januar.
Von Zinserhöhungen profitieren auf lange Sicht vor allem Anleihen, aber auch Banken, die von den teureren Krediten profitieren.
Mein Aktienportfolio mit einer breiten Branchen-Diversifikation sank im Januar um 6,78 %. Selbst mein breites Themen-ETF-Portfolio sank nur um 8,85 % und damit weniger als der Nasdaq. Meine Kryptowährungen sind mit -30 % auch wieder komplett unter die Räder gekommen, was aber angesichts der letztjährigen Performance keine Überraschung ist.
Dafür sind meine langjährigen Verliererwerte British American Tobacco, Altria, Royal Dutch Shell und AT&T im Januar sogar im Plus. Das liegt u. a. daran, dass diese Werte nicht so stark an den steigenden Zinsen hängen und zumindest bei den Tabakfirmen das Geschäft nach wie vor hochprofitabel ist. Gerade in den USA sind die Zigaretten so teuer, dass die Marge immer noch profitabel ist, selbst wenn immer weniger Menschen rauchen.
Fazit
Zinserhöhungen hin oder her, wenn die Wirtschaft weiterhin boomen sollte und die Unternehmen gute Zahlen präsentieren, werden sich auch die Indizes wieder erholen und entwickeln. Seit dem März 2020 waren so viele Übertreibungen im Markt, dass es jetzt einfach an der Zeit für eine Korrektur war und die ganzen Überbewertungen abgebaut werden.
Ganz deutlich hat man es in der vergangenen Woche bei Netflix gesehen. Zwar gab es mit "Squid Game" und "Don't look up" extrem erfolgreiche Serien bzw. Filme, aber die Abonnentenzahlen blieben trotzdem knapp unter der eigenen Voraussage. Das Ergebnis: Die Netflix-Aktie fiel wie ein Stein auf das Niveau von April 2020! Und ausgerechnet dann erhöht das Unternehmen aus Los Angeles ordentlich die Preise in den USA.
Der Kampf um die Streaming-Kunden wird in den nächsten Jahren noch viel stärker werden. Aber bisher überzeugt Netflix mit Qualität und Vielfalt, was bei den anderen Konkurrenten nicht so wirklich da ist. Und so niedrig war das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Netflix jetzt mit 35 noch nie. Bis April lag das KGV noch bei 80. Netflix konnte den Nettogewinn allein im letzten Jahr fast verdoppeln (von 2,7 Mrd. auf 5,1 Mrd. Dollar). Typische Überreaktion also wie bei einigen anderen Werten auch, aber absolut kein Grund zur Panik.
Es ist auch nur eine Frage der Zeit bis das nächste Magazin oder die nächste Zeitung schreibt: "Elon Musk ist wieder xy % an einem Tag reicher geworden." Im Gegensatz zu Netflix ist Tesla aber nach wie vor völlig überbewertet (KGV = 305). Wenn die Aktie mal richtig fällt, wird da auch die Luft herausgelassen. Und ehrlich gesagt, interessiert mich das als Privatanleger überhaupt nicht und ist auch kein Maßstab für den Vermögensaufbau, was mit Elons Vermögen passiert. Aber viele Medien wissen halt nicht, was sie anderes schreiben und aufbauschen sollen. So eine Elon Musk-Clickbait-Headline zieht in der Regel immer.
Deswegen lautet mein 5-Euro-Phrasenschwein-Schlussatz: Abwarten, nichts überstürzen und leckeren Tee trinken. Auch wenn ich im Januar höhere fünfstellige Buchverluste erleiden musste, bin ich ganz weit weg vom Panik-Modus - trotz der vielen schlechten Börsennachrichten. Das musste einfach mal gesagt werden.
Viele Grüße |