„Wie geht es dir?“ – „Gut, danke.“ Eine Standardantwort, die ich fast automatisch gebe. So auch neulich, als ich einen alten Bekannten auf der Strasse traf. Ich scherzte darüber, dass ich längst aufgehört hätte, die Wochentage zu zählen, weil mit zwei kleinen Kindern jeder Tag gleich anstrengend ist.
Doch die Wahrheit ist: Ich und wir als Familie sind schon am Anschlag. Ein Kreislauf an Aufgaben aus Job, kranken Kindern, selbst krank sein, Nächten ohne Schlaf und einem Haushalt, der nie wirklich fertig ist. Wir teilen uns die Care-Arbeit. Die Belastung ist hoch für meine Partnerin und mich, und die Erholung kommt oft zu kurz.
Männer reden nicht über ihre Gefühle und ihre Befindlichkeit? Ja, das hört man oft. Ich merke aber auch: Wenn ich es doch tue, provoziert das oft Unsicherheit. Ein Freund und ich haben kürzlich darüber gesprochen, wie viele Männer reagieren, wenn man ehrlich sagt, dass es einem nicht gut geht. Wir waren beide überrascht, wie wenig Verständnis zurückkommt. Oft wird abgeblockt, banalisiert oder mit Durchhalteparolen reagiert. Selbstschutz? Ohnmacht? Überforderung?
Seit November arbeite ich nun bei männer.ch und vertrete Thomas Neumeyer in seinem Sabbatical. In der ersten Teamsitzung gab es eine Befindlichkeitsrunde – und die war radikal ehrlich. Es war so wohltuend an einem Meeting teilzunehmen, in dem «Befindlichkeitsrunde» nicht nur eine Floskel ist. So etwas wünsche ich mir auch in anderen Lebensbereichen. Denn wenn Männer sich gegenseitig öffnen und ehrlich zeigen, wie sie sich fühlen, kann das viel Druck nehmen – und vor allem: verbinden und stärken.
Deshalb: Redet, liebe Männer, redet und hört zu. Auch wenn es euch schwerfällt. Gerade in Zeiten wie diesen. Das tut nicht euch selber gut, sondern macht uns auch als Gesellschaft resilienter gegen die Verführungen des Autoritarismus.
Mein Name ist Dan Hungerbühler, 38, ich bin Vater von zwei kleinen Kindern und seit November 2024 bis mindestens Ende März Mitarbeiter Kommunikation und Betrieb bei maenner.ch.