Subject: Aktualisiert: Noch 131 Jahre (mit Video in voller Länge)

Ihr Lieben, einige von euch haben uns netterweise darauf aufmerksam gemacht, dass das Video zum § 218 nach einer Minute einfach abbricht. Danke sehr für die Hinweise! Und: Wie ärgerlich, dass das Video kaputt ist! Wir haben das Video heute Morgen neu hochgeladen, jetzt funktioniert es. Wir schicken euch diese Mail hiermit einfach erneut, damit ihr es in voller Länge anschauen könnt.


Liebe Freund*innen,


131 - diese Zahl bereitet uns schlaflose Nächte. Denn 131 Jahre1 dauert es noch, bis wir alle gleichberechtigt leben können - das hat das Weltwirtschaftsforum für den Global Gender Gap Report 2022 ausgerechnet. 131! Was für eine erschreckende Zahl! Und wenn wir uns einen anderen Bericht von UN Women anschauen, dauert es sogar noch 285 Jahre2, bis wir weltweit eine rechtliche Gleichstellung ohne diskriminierende Gesetze erreicht haben.


Am Internationalen Frauentag am Mittwoch werden sich viele mit blumigen Slogans und oberflächlichen Gesten schmücken. Wenn wir aber an 131 oder gar 285 Jahre denken, ist uns ganz schnell klar: Blumen oder Geschenke zum Weltfrauentag? Nein – der Tag muss ein Tag der politischen Forderungen sein. Also doch ein feministischer Kampftag.

Klar, in Deutschland sind wir weiter als in einigen anderen Ländern, wenn es um Gleichberechtigung geht: Wir haben mit Artikel 3 des Grundgesetzes die rechtliche Grundlage für eine gleichberechtigte Gesellschaft. Dennoch sind wir auch hier noch viele, viele Jahre von echter Gleichberechtigung entfernt. Ob Gewalt gegen Frauen und weiblich gelesene Personen, Lohnunterschiede oder auch Repräsentation und Sichtbarkeit – in fast allen Bereichen unseres täglichen Lebens werden Frauen noch immer benachteiligt. Ein paar Zahlen, um das zu verdeutlichen: 


  • Jeden Tag versucht in Deutschland ein Mann, eine Frau zu töten – und das ist nur die von der Polizei registrierte Zahl. Fast jeden dritten Tag stirbt eine Frau durch die Hand ihres (Ex-)Partners.3

  • Der Gender Pay Gap lag auch 2022 bei 18 % pro Stunde, bereinigt immer noch bei 7 %.4 In Tage umgerechnet bedeutet das: Frauen arbeiten 66 Tage lang umsonst. Passenderweise ist der Equal Pay Day 2023 – also der Tag, ab dem Frauen für ihre Arbeit bezahlt würden – am 7. März, also am Tag vor dem Weltfrauentag. Die Folge: Frauen sind viel häufiger von Altersarmut betroffen. Immerhin tut sich bei den Lohnunterschieden etwas: Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Grundsatzurteil5 entschieden, dass Arbeitgeber*innen vom Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ nicht abweichen dürfen, nur weil Männer höhere Gehaltsforderungen stellen als Frauen.

  • Und auch bei der Sichtbarkeit und Repräsentation von Frauen gibt es noch einiges zu tun, wie wir ja am Beispiel Fernsehen in unserem Newsletter Ende Februar thematisiert haben6


Also wirklich noch 131 Jahre?! 

Das ist uns bei Pinkstinks viel zu lang. Am liebsten würden wir natürlich jetzt sofort in einer Gesellschaft leben, in der alle Geschlechter gleichberechtigt sind. Dass das nicht so schnell klappt – okay, haben wir verstanden (auch wenn wir das überhaupt nicht gut finden!). Aber spätestens unsere Kinder und Enkel*innen sollen die Chance bekommen, gleichberechtigt zu leben – nicht erst unsere Urenkel*innen oder die Generationen danach. Daran arbeiten wir bei Pinkstinks hart, denn: Das muss doch alles schneller gehen! Wie ihr wisst, setzen wir auf: Bildung! Und zwar auf allen Ebenen: Kitas & Schulen, Unternehmen, die breite Öffentlichkeit. Ganz unterschiedliche Menschen, die wir mit ganz unterschiedlichen Kampagnen und Angeboten ansprechen. In denen wir auf Augenhöhe und mit viel Humor erklären, wie sich fehlende Gleichberechtigung und Sexismus im Alltag äußern, wie fehlende Gleichberechtigung und Sexismus allen Geschlechtern schaden und was jede*r Einzelne dagegen tun kann. Natürlich sind wir auch Teil des frisch gegründeten Bündnisses „Gemeinsam gegen Sexismus”, aufgebaut vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und von der EAF Berlin. Das gemeinsame Ziel: einen öffentlichen Raum zu schaffen, in dem sich alle Menschen – egal welchen Geschlechts – sicher fühlen können, egal zu welcher Uhrzeit.

Ein ganz großes Thema auf dem Weg zur Gleichberechtigung: körperliche Selbstbestimmung. Warum darf in unserer Gesellschaft Menschen vorgeschrieben werden, ob sie ein Kind austragen oder nicht? Denn wenn sie sich dagegen entscheiden und eine Schwangerschaft abbrechen lassen – ist das grundsätzlich strafbar, nur unter streng geregelten Ausnahmen ist ein Abbruch möglich. Warum das zutiefst sexistisch ist und einer gleichberechtigten Gesellschaft widerspricht, erklären wir in unserem aktuellen Video.

Mit solchen Clips und vertiefenden Texten richten wir uns an die breite Öffentlichkeit, die wir über unsere Social-Media-Kanäle und unsere Website erreichen. Unsere „Schule gegen Sexismus“, die genau darauf aufbaut, ist sogar mit dem Smart Hero Award in der Kategorie Gender Equality ausgezeichnet worden.

Doch damit sich nachhaltig etwas ändern kann, muss Sensibilisierung schon viel früher anfangen: in Kitas und Schulen. Unsere oft nachgefragte Broschüre „Rosa für alle!“ richtet sich an Erziehende und Eltern von Kita-Kindern und thematisiert das Problem stereotyper Geschlechterrollen. Unser Arbeitsheft gegen Sexismus für die Mittelstufe wird im Paket mit unseren Postern gegen Sexismus für den Klassenraum von vielen Lehrkräften bundesweit im Unterricht eingesetzt. Immer mehr Städte und Kommunen statten all ihre weiterführenden Schulen damit aus. 


Es tut so gut zu wissen, dass wir nicht alleine sind mit unserem Gefühl. Sondern dass ihr – unsere wunderbare Newsletter-Community – das genauso seht wie wir: Gleichberechtigung ist für alle gut! Aber noch 131 Jahre warten, bis wir in einer gleichberechtigten Gesellschaft leben? Das können wir doch nicht einfach hinnehmen!


Kampflustige Grüße
euer Pinkstinks Team

PS: Gegen schlaflose Nächte wegen dieser fiesen Zahl hat uns übrigens nicht nur geholfen, unseren Ärger in diesem Newsletter mit euch zu teilen. Sondern auch ein gerade bei Beltz erschienenes Buch: „Das Buch, das jeder Mann lesen sollte – in 5 Schritten zum Feministen” von Feminist Lab. So hilfreich! Denn Gleichberechtigung geht alle Geschlechter an - auch Männer. Weil wir das Buch so wichtig finden, gibt’s das weiter unten zu gewinnen.

PPS: Ihr wollt gerne die Broschüren und Lehrmaterialien bestellen, die wir oben angesprochen haben? Die findet ihr auf unserer Website im Shop. Da gibt’s übrigens auch unsere tollen „Die Zeiten gendern sich”-Blöcke, Sticker und Karten. Und natürlich unsere wunderschöne Tasse. Das einzige Geschenk, das wir zum Weltfrauentag akzeptieren würden. 😉

Quellen:

1 02.03.2023: Global Gender Gap Report 2022 des World Economic Forum: https://www.weforum.org/reports/global-gender-gap-report-2022 Der Report wurde 2022 veröffentlicht. Dem Report zufolge dauert es noch 132 Jahre bis zur Gleichberechtigung. Wir haben diese Zahl um ein Jahr heruntergerechnet für das aktuelle Jahr 2023.

2 02.03.2023: Gender Snapshot Report 2022 von UN Women:  https://news.un.org/en/story/2022/09/1126171 Auch hier haben wir die im Report genannte Zahl für das aktuelle Jahr 2023 angepasst.

3 02.03.2023: https://www.ndr.de/kultur/Femizide-in-Deutschland-Fallzahlen-gehen-2021-leicht-zurueck,femizid100.html
4 02.03.2023: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/01/PD23_036_621.html 

5 02.03.2023: https://freiheitsrechte.org/themen/gleichbehandlung/equal-pay-photon-meissener 

6 02.03.2023: Pinkstinks Newsletter von Ende Februar: https://app.getresponse.com/view.html?x=a62b&m=BMQbZm&mc=Ci&s=dxCuzD&u=NqaG&z=EVCoVlO&pt=view

VERLOSUNG

Wir verlosen 3 x „Das Buch, das jeder Mann lesen sollte” von Feminist Lab.
Feminismus tut allen gut, und eine feministische Gesellschaft ist nur möglich, wenn alle mitziehen. Was Mann tun kann? Dieses Buch erklärt’s. Danke an den Beltz-Verlag, der uns die Bücher zur Verfügung gestellt hat!
Wenn du an der Verlosung teilnehmen willst, schreibe uns bis 12.03.2023 eine Mail mit deiner Adresse an gewinnspiel@pinkstinks.de.

KURZ VERLINKT

Sexistische Sprüche bei DSDS, Bewertungen von Aussehen und Körpern bei GNTM – das will doch niemand mehr sehen. Die Kommunikationswissenschaftlerin Samira El Ouassil erklärt bei „Deutschlandfunk Nova”, warum diese Art Fernsehen ausgedient hat.


Ja! Patricia Cammarata denkt in einem lesenswerten Blog-Text darüber nach, warum Väter extra Vorbilder brauchen und warum sie sich kein Vorbild an Müttern nehmen (können und wollen).


Hilfreich: Antje Schrupp dröselt bei „Zeit Online” auf, warum Forderungen nach einem Waffenstillstand in der Ukraine nicht feministisch sind.

Das vermeintliche Alleswisser-Programm Chat GPT hat sexistische Tendenzen. Eine Expertin für Künstliche Intelligenz erklärt in „t3n”, warum Künstliche Intelligenz wie Chat GPT vor allem für Frauen gefährlich sein kann.

Kleiner Ausstellungstipp für alle im Norden: Judith, Salome, Medusa - sie sind dämonische Darstellungen weiblicher Sexualität. In über 200 Exponaten behandelt die Hamburger Kunsthalle den mystisch weiblichen Stereotyp in der Ausstellung „Femme Fatale”, noch bis 10. April 2023.

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