Subject: Die ARD, Mischke & feministische Aufklärungsarbeit

Plus: Sehen wir uns am 19. Januar?

Liebe Freund*innen,


ganz kurz vor Weihnachten hat eine Personalentscheidung der ARD für Kritik gesorgt: Thilo Mischke soll Moderator der Kultur-Sendung »ttt – titel, thesen, temperamente« werden und ab Mitte Februar im Wechsel mit Siham El-Maimouni moderieren. Warum das ein Thema für unseren Newsletter ist? Weil sich Thilo Mischke in der Vergangenheit mehrfach sexistisch, frauenfeindlich und rassistisch geäußert hat. Doch das haben nicht etwa die für die Besetzung zuständigen Gremien in der ARD herausgefunden, sondern das haben freie Autor*innen und freie Journalist*innen recherchiert. Eine Gruppe um Annika Brockschmidt, Isabella Caldart, Rebekka Endler und Anja Rützel hat dann ihre Recherche-Ergebnisse im Podcast »Feminist Shelf Control« veröffentlicht.1 Sie haben also den Kandidaten Mischke einem Check unterzogen – ohne Bezahlung, in ihrer Freizeit und innerhalb kürzester Zeit –, der eigentlich Voraussetzung in einer öffentlich-rechtlichen Organisation wie der ARD sein müsste.


Die Zuständigen in der ARD haben erst versprochen, die »Vorwürfe« zu prüfen, dann wurde vereinzelt auf Presse-Anfragen reagiert mit der Aussage: Man halte an Thilo Mischke fest, weil das alles lange her sei und er sich distanziert habe (was, wie die Recherche zeigte, beides nicht stimmte). Nach einer längeren Schweigephase hat die ARD schließlich verkündet, dass Thilo Mischke den Job nicht bekommt.2 Leider lautete die Begründung nicht: Oh ja, wir haben alles geprüft, sorry, wir haben übersehen, dass er sich immer wieder sexistisch und rassistisch geäußert hat, danke für eure Recherche! Sondern: Man wolle weiteren Schaden von der Sendung und von Mischke abwenden, ARD-Chefin Christine Strobl beklagte außerdem, dass eine Debatte unmöglich gemacht worden sei.3 


Der Druck war während der Schweigephase gestiegen: Denn die recherchierenden Autor*innen und Journalist*innen hatten etwas ins Rollen gebracht, das am 2. Januar in einem Offenen Brief von 100 Kulturschaffenden gipfelte, der sich auf die Rechercheergebnisse bezog und in dem sie ankündigten, nicht mehr mit »ttt« zusammenarbeiten zu können, sobald Mischke Moderator werde.4 Dieser Brief ist mittlerweile von fast 250 Kulturschaffenden unterschrieben worden.5


Was wir daraus mitnehmen: Es liegt noch viel Arbeit vor uns! Denn in einer Organisation wie der ARD muss es selbstverständlich sein, dass sexistische, rassistische, ableistische oder andere diskriminierende Äußerungen ein Ausschlusskriterium sind – egal, wie gerne die Verantwortlichen einer Person einen Job geben würden. Entweder ist hier Sexismus nicht erkannt worden oder einfach ignoriert worden. Beides entsetzt uns, denn die ARD ist Teil des Bündnisses »Gemeinsam gegen Sexismus« (dem PINKSTINKS ebenfalls angehört) und hat erst im März einen Maßnahmenkatalog gegen Sexismus am Arbeitsplatz6 veröffentlicht. Unsere tollen Kolleg*innen von ProQuote Medien haben vor ein paar Tagen in 4 klaren Forderungen formuliert, welche Konsequenzen nun folgen müssen.7 Und ja, im Mittelpunkt stehen: Sensibilisierung und Aufklärung, um Sexismus und patriarchale Strukturen zu erkennen und zu verhindern. Doch das darf nicht nur für die Medienbranche gelten – sondern in allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Und daran arbeiten wir bei PINKSTINKS mittlerweile seit mehr als 12 Jahren. Ja, wir haben schon viel zusammen erreicht. Aber die Sache Thilo Mischke zeigt: Es gibt noch sehr viel zu tun!

Aufklärungsarbeit einerseits und laut werden andererseits: Kommt mit auf die Straße! Heute in 9 Tagen findet der FLINTA* March in Berlin statt, bei dem wir Bündnispartner*in sind. Wir haben ja im Dezember bereits davon erzählt: Einen Monat vor der Bundestagswahl und einen Tag vor Trumps Amtseinführung als US-Präsident wollen wir mit ganz vielen auf die Straße gehen, um gegen antifeministische und antidemokratische Entwicklungen zu protestieren.


FLINTA* March 2025

Wann: 19. Januar, 12 Uhr

Wo: Brandenburger Tor, Berlin

Willkommen sind alle Menschen, die sich der feministischen Demo anschließen wollen.


Initiator*innen sind eine Gruppe junger Aktivist*innen, die besorgt sind über den Wahlsieg Trumps und erschüttert von den zunehmenden antifeministischen und transfeindlichen Äußerungen in Deutschland. Da es uns ganz genauso geht, haben wir uns gerne als Bündnispartner*in angeschlossen – zusammen mit anderen Akteur*innen wie Campact, Omas gegen Rechts, CSD Berlin oder Seebrücke. Wir wollen gemeinsam ein Zeichen setzen und hoffen, ganz viele von euch am 19. Januar in Berlin zu sehen. Und wenn es für euch nicht möglich ist: Sagt es weiter! Verteilt die Info an alle, die ihr kennt, damit wir mit ganz vielen auf die Straße gehen und zeigen: Wir sind viele und wir leisten Widerstand!


Solidarische Grüße!

Euer PINKSTINKS Team


P.S.: Ihr Lieben, Ihr werdet in den nächsten Wochen öfter von uns hören, denn gerade jetzt finden wir es entscheidend, dass wir dicht an den aktuellen Entwicklungen dran bleiben und frauenfeindliche und antifeministische Äußerungen enttarnen. Deswegen haben wir alle Ressourcen mobilisiert, um euch rund um die Wahl noch regelmäßiger aus feministischer Sicht zu informieren. All sowas ist nur durch eure Spenden möglich. Danke! 💜

Gemeinsam stark: Schritte gegen rechts

Tipp No. 5: Gegen Menschenfeindlichkeit auf die Straße gehen


Demos gegen rechts stärken nicht nur das Wir-Gefühl der Demonstrierenden, sondern führen zu schlechteren Wahlergebnissen von rechtsextremen Parteien. Studien in unterschiedlichen europäischen Ländern zeigen: Wenn viele auf die Straße gehen und damit gegen rechte Parteien aufstehen, bekommen rechte Parteien weniger Stimmen. Besonders in kleineren Orten, besonders in den Regionen, in denen die AfD stark zu sein scheint, sind Demos und Protest wichtig. Daher unsere Bitte: Hört gut in euch rein, passt auf euch auf!


Eine gute Übersicht über geplante Demos findet ihr zum Beispiel beim Demofinder der Initiative »Der goldene Aluhut«.


Einen Text über die oben angesprochenen Studien (mit Verlinkungen zu den Studien) findet ihr hier.

 

💜 Den nächsten Tipp gibt's im nächsten Newsletter. Danke für euer Engagement! 💜

Was wir euch außerdem ans Herz legen möchten:

CN: sexualisierte Gewalt
Unter »Quellen« haben wir oben die Veröffentlichungen zum Thema Thilo Mischke aufgeführt, auf die wir uns beziehen. Es gibt aber noch ein paar Texte, die wir euch dazu empfehlen wollen:


CN: Frauenfeindlichkeit/sexualisierte Gewalt

Die Schauspielerin Blake Lively hat eine Klage wegen Rufmords gegen Schauspieler und Regisseur Justin Baldoni eingereicht. Laut Recherchen der »New York Times« hatte er eine Agentur damit beauftragt, Blake Lively öffentlich in den Schmutz zu ziehen - nachdem er sie bei einem gemeinsamen Filmdreh sexuell belästigt hatte. Beatrice Frasl hat zu dem Fall einen richtig guten Text geschrieben.


In der letzten Woche vor der Weihnachtspause hat sich trotz öffentlichen Drucks im Bundestag leider nichts mehr in Sachen §218 getan. Warum? Offenbar weil die CDU mit Hilfe der FDP das Thema so lange wie möglich im Rechtsausschuss halten will – bis ein neuer Bundestag gewählt ist. Dazu können wir euch dieses Interview mit der Grünen-Abgeordneten Ulle Schauws empfehlen.


CN: Frauenfeindlichkeit/sexualisierte Gewalt
Zwei Wissenschaftler*innen der Uni Duisburg-Essen wollen in einem Forschungsprojekt sexuelle Übergriffe und Frauenfeindlichkeit in der Chat-Kommunikation untersuchen. Dafür suchen sie anonymisierte Chatverläufe. Wenn ihr mitmachen wollt: Wie das ganze abläuft, erfahrt ihr hier.


CN: sexualisierte Gewalt
Die Initiative »Wildwasser e.V.«, die sich gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche einsetzt, plant einen Animationsfilm zum Thema Hilfe holen. Der Film soll in der Präventionsarbeit eingesetzt werden. Und für den braucht die noch finanzielle Unterstützung. Hier gibt’s weitere Infos zu dem Film-Projekt.


Ein wunderbares Highlight zum Schluss: Unsere großartige Vorständin Jamie Watson gehört für den »Spiegel« zu den 100 Menschen, die Hoffnung machen. 😍

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