Heute möchte ich mit Dir gerne einen Patientenfall durchgehen, der für mich ein großes Learning bedeutet hat und von dem ich glaube, dass auch Du einiges mitnehmen kannst.
Disclaimer
Kurz vorab, die Wahrung des Datenschutzes ist mir unglaublich wichtig. Aus diesem Grund werde ich bei Patientenbeispielen nur soviel erwähnen, dass ich sicher sein kann, dass keine Rückschlüsse auf Patienten gezogen werden können. Wenn das Geschlecht zum Verständnis irrelevant ist, werde ich immer die männliche Variante nutzen, es kann sich aber auch genauso gut um eine weibliche Patientin handeln.
Kommen wir zum eigentlichen Teil
Genug des Vorgeplänkels:
Der Patient kam zu mir wegen Beschwerden im Bereich der Hüfte. Hauptsächlich ging es um Bewegungseinschränkungen, aber auch Schmerzen spielten eine Rolle.
Wenn Du meinen Anamnesebogen kennst, dann weißt Du, dass ich auch nachfrage, ob es einen konkreten Auslöser gab und hierbei erwähne, dass auch psychische Faktoren eine Rolle spielen können.
Der Patient führte hier sehr detailliert aus, welche psychischen Faktoren eine Rolle spielten und konnte auch einen konkreten psychischen bzw. emotionalen Auslöser benennen. Was mich umso mehr überraschte, bei einem Naturwissenschaftler. Im Laufe der Behandlungen war immer wieder deutlich erkennbar, dass er eine sehr mechanische Betrachtungsweise des Körpers hatte.
Die Behandlungen brachten immer wieder Verbesserungen der Beweglichkeit und auch der Schmerzproblematik, wenn der emotionale Trigger in Erscheinung trat, wurden die Beschwerden schlagartig wieder schlechter.
Der Aha-Moment
Es brauchte eine gewisse Zeit, bis es bei dem Patienten „Klick“ machte und er das Thema mit professioneller Unterstützung anging. Seine Wesenszüge als „Kopfmensch“ machten es ihm leider unnötig schwerer zu akzeptieren, dass seine Problematik psychosomatischer Natur war.
Als er dies einsah und sich für diesen Themenbereich professionelle Hilfe holte, wurden die Behandlungsergebnisse deutlich nachhaltiger und er konnte seine Beschwerden damit loswerden.
Mein Learning
Was ich aus diesen Behandlungen mitgenommen habe ist, dass ich, wenn ich merke, dass psychische Themen eine treibende Rolle spielen, verdeutliche ich diesen Punkt und die Notwendigkeit einer professionellen Unterstützung noch mehr als früher. Zudem konnte ich erkennen, dass nur weil ein Patient Zusammenhänge beschreiben kann, er diese noch nicht wirklich verinnerlicht haben muss.
Was Du als Patient mitnehmen kannst
Ein Rat, den ich Patienten als Learning mitgeben möchte, ist, dass wenn Du einen kausalen Zusammenhang im Auftreten Deiner Beschwerden erkennst, Du diesen akzeptieren und mit Deinem Behandler durchsprechen solltest. Führt das für Dich zu der Erkenntnis, dass eine psychologische Betreuung sinnvoll ist, dann suche Dir eine für Dich passende Anlaufstelle. Eine ergänzende „körperliche Behandlung“ kann aber oft sinnvoll sein.
Ich weiß, dass psychosomatische oder psychische Beschwerden nach wie vor für viele Personen nicht ganz leicht zu akzeptieren sind, was leider zu einem längeren Leidensweg führen kann. Auch der Patient aus meinem Beispiel hat sich im Nachgang geärgert, dass er nicht früher die psychische Komponente seiner Beschwerden akzeptiert hat und diese angegangen ist.
Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag und morgen einen guten Start in die neue Woche
Etienne