Liebe Leserinnen und Leser,
seit der Sesshaftwerdung der Menschheit, als man damit begann, ein Stück Land zu bewirtschaften und Getreide und Feldfrüchte anzubauen – seit tausenden von Jahren also –, ernährten sich die Menschen »biologisch«, ohne Hinzunahme von Chemie, Pestiziden und künstlichen Mitteln wie Mineraldünger, der aus fossilen Brennstoffen produziert wird und dessen Herstellung enorme Mengen an Energie verbraucht.
Es ist eine Illusion, zu glauben, dass das, was heute »bio« genannt wird, – Lebensmittel aus biologischer Landwirtschaft im Gegensatz zur »normalen«, der konventionellen, »althergebrachten« Landwirtschaft – etwas Neues sei, etwas Fortschrittliches, was uns die Moderne geschenkt hat. Wir haben vergessen, dass »bio« – das, was »lebt« – eigentlich das ist, was normal ist. Oder normal sein sollte. Und nicht andersherum.
Es ist genau diese Entkoppelung vom »Leben«, die uns die Krisen unserer Zeit beschert hat. Wir arbeiten nicht mehr mit der Natur. Wir arbeiten gegen sie, für mehr Erträge angeblich, um die Welt zu ernähren. Doch das einzige, was »mehr« wird, sind die Gewinne der großen Konzerne. Der Hunger in der Welt weitet sich trotzdem aus, angefacht durch die Spekulation auf Nahrungsmittel, durch Zerstörung von Gemeinschaften und gesellschaftlichen Strukturen, durch Entwurzelung und nicht zuletzt auch durch den Klimawandel, zu dem die industrielle Landwirtschaft einen nicht unerheblichen Teil beiträgt.
Im heutigen Newsletter möchten wir Ihnen daher zwei neu übersetzte Blog-Artikel von Vandana Shiva vorstellen, bei denen sich alles um »bio« und Ernährung dreht. In »Jivad – Der biologische Weg« legt sie klipp und klar dar, dass »bio« – »organic« im Englischen – viel mehr ist als nur ein Etikett im Supermarkt. Es ist eine Denk- und eine Lebensweise, die auf dem Leben basiert und die lebensspendend ist. Sie kann uns in eine lebensbejahende Zukunft führen.
In »Pachamama ernährt uns« zeigt Dr. Shiva die Zerstörung der natürlichen Welt durch kommerzialisierte Lebensmittel auf, und wie die Agrarindustrie zwar einen Großteil des Bodens beansprucht, aber in Wirklichkeit nur wenig produktiv ist – im Gegensatz zur biologischen Landwirtschaft, die auf wenig Boden mehr produziert, und noch dazu nährstoffreicher. »Gesundheit pro Hektar« und nicht »Ertrag pro Hektar« muss die Devise lauten, wenn wir die Welt wirklich ernähren wollen.
Dass dies immer noch zu 70 % von Kleinbauern und Familienbetrieben geleistet wird, die aber vermehrt unter Druck stehen, ist auch Thema des »People's Food Summit«, der Gegenveranstaltung zum World Food Day der Vereinten Nationen, der zunehmend von den großen Konzernen beherrscht wird. Umso wichtiger ist es nun, die kleinbäuerliche Agrarökologie überall auf der Welt zu unterstützen. Deshalb wird Vandana Shiva auch am »People's Food Summit« teilnehmen, der als Online-Event mit vielen weiteren Experten am 16. Oktober – dem Welternährungstag – stattfindet und in unserer Rubrik »Aktuelles« verlinkt ist.
»Bio ist eine Art, uns als Teil der Erde zu sehen. Es ist eine Lebensweise, die unsere Fürsorge für die Erde zum höchsten Ziel als Erdenbürger macht.« – Vandana Shiva in »Jivad – Der biologische Weg«
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen einen »bio-logischen« Welternährungstag!
Mit erddemokratischen Grüßen,
Ihr vandana-shiva.de-Team