Liebe Leserinnen und Leser,
mit dem Green New Deal und der Farm to Fork Strategie hatte sich die EU eigentlich zum Schutz der Natur und der Biodiversität verpflichtet. Doch die Realität sieht anders aus: Vom gekippten Nature Restoration Law im Sommer über die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat im November bis zum gerade eben durchgefallenen Gesetz zur Reduktion von Pestiziden (SUR) geht es mit Volldampf in die entgegengesetzte Richtung.
Dass die derzeit von der EU als umweltschonend eingestuften Pestizidkonzentrationen zu einer signifikanten Abnahme der Artenvielfalt führen, hat erst kürzlich wieder eine breit angelegte Studie bestätigt. Wer also für den Schutz der Biodiversität steht und das Artensterben bekämpfen will, kann nicht gleichzeitig auch Pestizide befürworten. Vandana Shiva sagt dazu in einem Video:
»It is time for Europe to stop being schizophrenic«
und führt weiter aus, dass die EU anstatt Pestizide zu pushen, sich an den vielen Beispielen in der Welt orientieren sollte, wo pestizidfreie Landwirtschaft erfolgreich praktiziert wird, die mehr und zudem auch gesündere Lebensmittel produziert, während die Artenvielfalt wächst und gedeiht. Das fordert übrigens auch das Netzwerk PAN International von der derzeit laufenden COP28.
Doch leider war in Europa auch diesmal wieder die Agrarlobby stärker. Sie scheute weder Zeit noch Geld, um die Mitgliedstaaten und EU-Abgeordnete von ihrer Agenda zu überzeugen und das Pestizidreduktionsgesetz zu sabotieren, wie eine Analyse des Corporate Europe Observatory dokumentiert.
Und selbst wenn das Gesetz zustande gekommen wäre: Die Reduktion der Pestizidmenge hätte nur auf dem Papier stattgefunden, da die geplante Berechnungsmethode der EU laut Umweltbundesamt irreführend gewesen wäre und das Pestizidrisiko kleingerechnet hätte.
Ein anderer, an Absurdität kaum zu überbietender Punkt: Just am 16. November, als die Entscheidung für weitere 10 Jahre Glyphosat fiel, einigte sich die EU auch auf die Sanktionierung schwerwiegender Umweltschäden, die »mit Ökozid vergleichbar sind«. Doch was ist die Ausbringung von Ackergiften, die die Biodiversität nachweislich drastisch dezimieren, wenn nicht genau das?
Die ernüchternde Bilanz zum Thema Pestizide vs. Schutz der Biodiversität in der EU: Noch mehr von dem, was ohnehin schon zu viel ist, was das Gegenteil des erklärten Ziels erreicht und zudem gegen eigene Umweltauflagen verstößt. Da kann man schon von Schizophrenie sprechen. Oder wie es Dr. Shiva im Video weiter präzisiert:
»It is a time now for Europe to find her soul.«
Denn, was ist wichtiger – Umsätze für die Agrarindustrie oder ein gesunder Boden, der gesunde Lebensmittel hervorbringt, die Artenvielfalt fördert und somit auch langfristig unser Überleben sichert? Nur eine chemiefreie Landwirtschaft kann das leisten, die mit bewährten und optimierten agrarökologischen Methoden alle Werkzeuge dafür liefert. Dieses Wissen ist im neuen Buch von Vandana Shiva »Agrarökologie und echte regenerative Landwirtschaft« zusammengefasst und für jeden zugänglich gemacht.
Wie das auch noch aktiver Klimaschutz ist, wie viel Tonnen CO2 zum Beispiel Pilze im Boden sequestrieren können und wie viel davon hingegen durch fossile Pestizide und Düngemittel, die die hilfreichen Pilze und die Gesundheit des Bodens zerstören, in die Atmosphäre entlassen wird, ist Thema des neuen Blog-Artikels: In »Soil not Oil« geht es um echte Lösungen für den Klimawandel und um die Notwendigkeit, das industrielle fossile Ernährungssystem in ein fossilfreies, biodiverses, regeneratives Ernährungssystem zu transformieren.
Was es sonst noch Neues rund um Vandana Shivas Arbeit gibt, haben wir hier unten für Sie zusammengefasst.
Bleiben Sie gesund und munter, der Kampf um Ernährungsfreiheit und unsere Natur geht weiter und immer mehr Menschen schließen sich an. So haben nun auch einige Umweltschutzverbände Klagen gegen die EU-Glyphosat-Verlängerung eingereicht.
Mit erddemokratischen Grüßen,
Ihr vandana-shiva.de Team