Subject: Ungleichland: Die bösen Reichen sind an allem schuld!

Ungleichland: Die bösen Reichen sind an allem Schuld
Hallo Friend,

in der letzten Woche habe ich mir zwei komplett gegensätzliche Dokumentationen auf den öffentlich-rechtlichen Kanälen angeschaut. Beide sind gut gemacht, aber sehr diskussionswürdig. In der einen Doku geht es um die holländische "Bitcoin-Familie". Erstaunlich unkritisch wird über die ungeahnten Möglichkeiten bei Investments in Kryptowährungen berichtet. 

All in Bitcoin

Die Familie hat ihre Firma, Haus und Autos verkauft und das komplette Geld in Kryptowährungen investiert. Jetzt leben die Eltern mit den drei Töchtern auf einer Insel in Thailand, genießen das Leben und der Vater vermarktet sich selbst als Surferboy- und Krypto-Experte.

Von den Jungspunden mit ihrer Kryptobude und den Visionen, die ebenfalls vorgestellt werden ganz zu schweigen. Hier wird immer wieder das Bild vermittelt, wie einfach das doch sei, mit Kryptowährungen ein chilliges Leben zu führen. Da schrillen bei mir persönlich jedes Mal die Alarmglocken. Nicht, dass es komplett unmöglich ist, aber das Rendite-Risiko-Verhältnis ist doch enorm hoch. Aber die Familie ist glücklich damit.
Ungleichland?

Auf der anderen Seite gab es zur Primetime in der ARD die Doku "Ungleichland - Wie aus Reichtum Macht wird". Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich fand den Film eigentlich gut und reflektiert, aber hinterher wurden wieder nur die ganzen negativen Aspekte herausgegriffen. Und die ARD hat genau darauf auch den Fokus gelegt.

Doch der Reihe nach: Der böse Immobilien-Millionär Christoph Gröner gehört zu den reichsten Deutschen. Er baut in ganz Deutschland Viertel um und hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Kostprobe gefällig? "Wenn Sie 215 Millionen haben und schmeißen das Geld zum Fenster raus, und dann kommt es zur Tür wieder rein. Sie kriegen es nicht kaputt." Untermalt werden die Szenen mit hektischen Schnitten und düsteren Blaufiltern, die allen Millionärsszenen etwas Kühles mitgeben. Komplett unsympathisch!

Dann gibt es den Familienvater, der bei Siemens in Leipzig arbeitet, gerne eine größere Wohnung hätte und wahrscheinlich bald ohne Job da steht, weil das Werk geschlossen wird. Dramaturgisch haben die Macher das geschickt aneinandergereiht, so dass die Wut auf die profitgeilen Konzerne ansteigt. Natürlich ist das nicht falsch, aber hier haben wir es wieder mit der typischen Schwarz-Weiß-Malerei zu tun.

Alles ist schlecht

Mein persönliches Highlight war der Baron von Bechtelsheim mit eigenem Wald und adeligem Schlagbohrer-Charme, der als Vermögensberater arbeitet und andere reiche Menschen berät. Dann wird im Film aufgezeigt, wie breit die Reichen ihr Vermögen streuen können. Dass auch Leute mit weniger Vermögen durchaus wirkungsvoll an der Börse Geld sparen können, wird natürlich verschwiegen. Wie immer bei ARD, ZDF und Co., wo höchstens Riester, Immobilien und teure Versicherungen in den Fokus der "kleinen Leute" gestellt werden. Nur die "bösen Reichen" haben Möglichkeiten, ihr Vermögen zu mehren und ihren Willen durchzudrücken.

Um das zu unterstreichen verkündet Gröner, dass ihm das mit einer Baugenehmigung in Köln zu lange dauert und er einen Termin bei der Kölner Bürgermeisterin braucht. Die wird natürlich auch gleich interviewt und verweist auf die Wichtigkeit der Investoren für die Stadt. Als Gröner danach noch erzählt, dass er auch gern in der Politik die Strippen ziehen würde, brüllte ein Sturm der Entrüstung bei Twitter los. "Die Reichen nehmen uns das Land weg" oder "Das Ende der Demokratie". Dabei liegen die Probleme ganz woanders.

Das reiche Deutschland ist eigentlich arm

Es kann doch auch nicht sein, dass jemand mit einem Vermögen von mehr als 17.000 Euro zu den 50 % der reichsten Deutschen gehört (Zahl aus dem Film). Der Medianwert des geldwerten Vermögens liegt in Deutschland bei 47.000 Dollar. Selbst die Griechen haben 8.000 Dollar mehr. Die Niederländer haben mit 94.000 Dollar sogar doppelt so viel. Und die Franzosen und Italiener haben ein geldwertes Vermögen von über 120.000 Dollar. Und das lässt sich jetzt nicht nur auf mangelnde Finanzbildung zurückführen.
Die meisten Zuschauer waren aber schon wieder auf 180! Und genau darauf hatten es die Filmemacher auch angelegt. Dabei sind einige Aussagen von Gröner gar nicht so falsch. Beispielsweise, dass jeder Bürger mehr Selbstständigkeit lernen und mehr Eigenverantwortung übernehmen sollte und nicht immer nur vom Staat, vom Arbeitgeber oder sonstwem fordern sollte. Das fängt ja bei der Geldanlage an. Dieses "Es gibt ja keine Zinsen mehr und dadurch keine Möglichkeit mein Geld zu vermehren" ist einfach Quatsch!

Besonders bemerkenswert finde ich die Aussagen der Experten wie Thomas Piketty zum Thema Mittelschicht oder Humankapital. Das ist der springende Punkt. Und die Filmemacher geben den Zuschauern auch die Möglichkeit mitzureden. Anschauen und mitdiskutieren lohnt sich also.

Schließen möchte ich diesen Newsletter mit einem Zitat aus meinem Buch des Monats "Glückskinder" von Hermann Scherer*, der eigentlich genau das Gleiche schreibt wie Gröner sagt:

"Die Hoffnung, dass andere etwas bewegen, ist Selbstaufgabe. Medien, Parteien, manche antiquierten Verbände – sie schläfern die Menschen ein. Sie betäuben uns mit Hoffnung. Damit alles so bleibt, wie es war, vor allem ihnen ihr Posten erhalten bleibt....

Warum sollte jemand anderes meinen Interessen nachgehen? Was mich betrifft, nehme ich lieber selbst in die Hand. So einfach. Das kann man mit Egoismus verwechseln, mit Härte oder gar sozialer Kälte. Ich nenne es Selbstdisziplin und Verantwortung." Scherer, Hermann. Glückskinder: Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen (German Edition) (S. 22-23). Campus Verlag.*

Das Buch ist voll von solchen Aussagen und Scherer hat völlig Recht damit. Du solltest nicht immer nur mit dem Finger auf andere zeigen und meckern, sondern Dein Glück auch mal selbst in die Hand nehmen. Das hat die Bitcoin-Familie auf ihre Art auch gemacht.

Viele Grüße
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Wochenrückblick
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Am Freitag habe ich noch einen Abstecher zu echtgeld.tv gemacht und meine Aktie des Monats vorgestellt. Die Folge gibt es in der nächsten Woche bei YouTube zu sehen.

Vergangene Woche hatte ich auch ein Mixtape-Interview, das aus meiner Sicht richtig gut und interessant war. Im Interview habe ich einen promovierten Krimi-Autor zu Gast, der seine Bücher als digitaler Nomade schreibt. Am 11.06. gibt es diese Folge zu hören.

In der kommenden Woche geht meine Podcast-Leitung erstmal nach China und auch diese Folge hat es in sich. Neben der Geldanlage spreche ich mit meinem Hörer Garvin über die Tatsache, warum es uns Deutschen eigentlich richtig gut geht, wo die Unterschiede zwischen den Ländern liegen und warum er in China deutsche Finanz-Podcasts hört. 

Und Ende Mai dreht es sich nochmal komplett um ETFs und einige spezifische Fragen zu Dividenden-ETFs, Faktor-ETFs und der Renditeberechnung. Beide Folgen solltest Du nicht verpassen. 

Den nächsten Newsletter gibt es dann erst wieder in 3 Wochen, da ich in 2 Wochen in München bin. Bis dahin wünsche ich Dir eine schöne Zeit.

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Daniel Korth, Dornbreite 7n, 23556, Lübeck, Deutschland
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