Subject: Zwischen KI, Zöllen und Wirtschafts-Flaute: Mein Umgang mit Börsenturbulenzen

Zwischen KI, Zöllen und Wirtschafts-Flaute: Mein Umgang mit Börsenturbulenzen
Hallo Friend,

fast zwei Monate ist der letzte Newsletter nun schon her, und in diesen knapp neun Wochen hat sich an der Börse viel getan. Donald Trump versuchte, seine teils chaotisch geplanten Zölle durchzusetzen. Das führte zu einer deutlichen Korrektur an den Märkten und brachte große Herausforderungen für den Anleihemarkt mit sich.

Erst diese Probleme veranlassten den amerikanischen Präsidenten zum Einlenken: Er setzte die Sonderzölle für 90 Tage aus und beließ die Basiszölle von 10 % für die meisten Länder. Mit China jedoch entwickelte sich ein andauernder Zollkonflikt, der bis heute anhält und vielen amerikanischen Unternehmen erhebliche Schwierigkeiten bereitet.

Keine Party bei Amazon

Es war absehbar, dass Amazon große Probleme bekommen würde, wenn fast alle chinesischen Produkte aufgrund der stark erhöhten Zölle nicht mehr auf dem Marktplatz angeboten werden könnten. CEO Andy Jassy wollte den Käufern deutlich machen, wie stark die Zölle die Preise der Produkte steigen lassen würden. Als Trump davon hörte, rief er empört bei Amazon-Gründer Jeff Bezos an, um die Eskalation zu verhindern. Innerhalb eines Tages waren die Pläne wieder vom Tisch.

Falls du die Serien „House of Cards“ oder „Succession“ kennst: So einen moralischen Verfall in amerikanischer Politik und Wirtschaft gab es bisher nur in diesen fiktiven Formaten. Leider hat die Realität die TV-Serien inzwischen eingeholt. Mittlerweile gibt es fast täglich neue Überraschungen darüber, welchen unüberlegten Unsinn „Mr. Orange“ und seine Gefolgsleute anrichten. Andererseits: Ohne diese Fehler wären Shows wie die von Jimmy Kimmel längst nicht so unterhaltsam. Andererseits wäre es mir ohne das ganze Drama deutlich lieber.

Auch andere US-Unternehmen haben große Schwierigkeiten, ihre teilweise ohnehin schon hohen Preise zu halten. Das betrifft Billigketten wie Dollar Tree oder Family Dollar, Spielzeughersteller wie Mattel, Supermarktketten wie Walmart und sogar traditionelle Maschinenbauer wie Deere oder Caterpillar, die viele Bauteile aus China beziehen. Besonders stark betroffen ist Apple, das nun versucht, einen großen Teil seiner Produktion nach Indien zu verlagern. Das passt nun China aber nicht, die versuchen den Umzug zu verzögern und zu verhindern.

Verständnisprobleme oder Absicht?

Trumps großes Ziel war es, die Inflation in den USA zu senken und vor allem die Preise in den Supermärkten zu drücken. Erfolg hatte er lediglich beim Benzin, da der Ölpreis in den letzten Wochen stark gefallen ist. Doch wenn der Klimawandel – etwa durch Missernten bei Kakao oder Kaffee – zu weiteren enormen Preissteigerungen führt, spüren das alle Amerikaner im Portemonnaie. 

Der Klimawandel wird von Trump jedoch geleugnet und aus vielen offiziellen Regierungsdokumenten gestrichen. Außerdem schafft er auch die Forschung darüber ab. Dabei wirkt sich der Klimawandel nicht nur auf Plantagen in Entwicklungsländern aus, sondern auch auf US-Landwirte. Diese beklagen ebenfalls Missernten, die wiederum Preiserhöhungen nach sich ziehen. Komplexe Ursache-Wirkung-Zusammenhänge scheinen in der aktuellen US-Regierung kaum verstanden zu werden.

Infektionswelle durch die USA

Ich könnte viele Beispiele nennen, aber eines möchte ich besonders hervorheben, weil es sehr besorgniserregend ist: In den USA breiten sich Masern, die dort eigentlich fast ausgerottet waren, wieder stark aus. Mit Robert Kennedy Jr., einem bekannten Impfkritiker, als Gesundheitsminister ist das wohl erst der Anfang der Probleme.

Die sinkende Impfquote in Texas sorgt momentan dafür, dass sich die Masern langsam wieder durch die gesamten USA verbreiten. Forscher warnen, dass dies in Zukunft zu Millionen Infektionen und vielen Todesfällen führen könnte, wenn der Trend anhält. Zudem begünstigt es auch das Wiederauftreten anderer Kinderkrankheiten wie Kinderlähmung oder Röteln, die ohne Impfschutz ebenfalls wieder zunehmen.

Jimmy Kimmel bringt diese Lage in seiner Show mal wieder pointiert auf den Punkt – allerdings mit einem Video, das wegen einer Puppe von Robert Kennedy Jr. etwas verstörend wirken kann. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte – wahrscheinlich beides. Leider ist diese Entwicklung keine reine Freakshow mehr, sondern bittere Realität.
Und was hat das jetzt mit Finanzen zu tun?

Die Auswirkungen auf das eigene Depot sind jetzt schon spürbar. Bei den Quartalszahlen zeigen sich die Unternehmen aufgrund der Zölle sehr zurückhaltend. Die eigentlichen Effekte der Zölle werden aber erst in den kommenden Quartalsberichten sichtbar, weshalb die Prognosen oft sehr unklar bleiben.

Das gilt übrigens nicht nur für Konsumgüter oder Industrieunternehmen, sondern auch für Pharmaunternehmen. Gerade im Gesundheitsbereich sind die Aussichten auch sehr trübe, weil auch hier sehr viele Fragezeichen bestehen. Bei RFK weiß man auch noch nicht, was er alles plant. Der große Krankenversicherer UnitedHealth hat auf jeden Fall schon schlechte Zahlen verkündet, die zu einem eklatanten Absturz der Aktie (-22 % an einem Tag) führten. Auch der Jahresausblick war schlecht.

Langfristig führt dieses Szenario dazu, dass auch Kennzahlen und Zukunftsaussichten mit Vorsicht betrachtet werden sollten. Denn wie soll man den inneren Wert (Fair Value) einer Aktie bestimmen, wenn der Ausblick unsicher ist? Von Analysten-Einschätzungen kann man halten, was man will, aber viele von ihnen werden immer vorsichtiger mit ihren Ausblicken.

China als Zünglein an der Waage

Im Aktien.Guide* gibt es bei den Aktien den Reiter „Analysten“. Ein Blick auf die Apple-Aktie zeigt, dass die Bewertungen dort eher zurückhaltend sind. Niemand kann genau sagen, wie sich die Zölle auf die zukünftigen iPhone-Preise, den allgemeinen Absatz oder speziell die iPhone-Verkäufe in China auswirken werden. Dabei ist China für Apple ein sehr wichtiger Markt.
Was Smartphones angeht, hat China mit Herstellern wie Huawei, Oppo und Xiaomi starke heimische Konkurrenz, die dort bereits viele Marktanteile erobert haben. Wenn sich der Markt ähnlich entwickelt wie bei Tesla, könnte der ausländische Markt schnell austrocknen. 

BYD hat Tesla in China inzwischen komplett überholt, und für viele Chinesen macht es aufgrund der Zölle kaum noch Sinn, ein ausländisches E-Auto zu kaufen. Ich vermute, bei Smartphones wird sich ein ähnliches Bild zeigen. Im Geschäftsjahr 2024 entfielen rund 17 % des Gesamtumsatzes von Apple auf China – das sind keine guten Aussichten.

Ich selbst bin großer Apple-Fan, habe mir gerade erst die neuesten Geräte gekauft (u.a. wegen der Zölle!), und bis Ende letzten Jahres war Apple die größte Einzelaktien-Position in meinem Portfolio. Aufgrund der Zollprobleme, Herausforderungen durch KI und weiteren Faktoren ist Apple jedoch auf Platz 3 in meinem Depot zurückgefallen. Wirklich große Innovationen kamen in den letzten Jahren nicht mehr aus Cupertino.

Deshalb habe ich letzte Woche einen Teil meiner Apple-Aktien verkauft, zumal Apple auch in meinen großen ETFs stark vertreten ist. Jetzt liegt Apple nur noch auf Platz 11 bei den Einzelaktien, und ich habe damit etwas Risiko reduziert sowie Gewinne mitgenommen. Mit dem freigewordenen Kapital habe ich andere Branchen nach meiner Diversifikationsstrategie neu ausbalanciert – das war nach den jüngsten Marktverwerfungen auch dringend nötig.

Weitere Kandidaten für einen Verkauf in meinem Portfolio sind übrigens Alphabet und Amazon, wobei deren Positionen deutlich kleiner sind als die von Apple. Amazon kämpft ebenfalls mit den China-Zöllen und mit Herausforderungen bei den Cloud-Umsätzen von AWS.

Alphabet hingegen schadet sich mit den Gemini-KI-Snippets in der Suche selbst. Diese Snippets werden noch vor den Google-Anzeigen angezeigt. Warum sollten Nutzer auf Anzeigen klicken, wenn sie ihre Antwort bereits direkt im Snippet finden? Zur Zeit experimentiert Google noch etwas damit herum, indem zeitweise die Anzeigen vor dem Snippet angezeigt werden.

Letzte Woche fiel der Aktienkurs von Alphabet um 7 %, nachdem ein hochrangiger Apple-Manager vor Gericht berichtete, dass es im April im Safari-Browser einen starken Einbruch bei Google-Suchen gab. Auch wenn es noch weitere Gründe geben kann (siehe Artikel), sind diese Ursachen nicht von der Hand zu weisen.

Fazit

Der Markt ist derzeit durch Faktoren wie Künstliche Intelligenz, Zölle und die wirtschaftliche Flaute stark in Bewegung. Es ist verständlich, dass man angesichts dieser Unsicherheiten schnell nervös wird – besonders wenn man die Lage schwer einschätzen kann. Anfang April fiel der Wert meines Portfolios deutlich, doch ich habe zunächst abgewartet. Im Mai entspannte sich die Situation wieder etwas, auch wenn die Buchverluste weiterhin im schmerzhaften fünfstelligen Bereich liegen.

Für die nächsten vier Jahre müssen wir mit unsicheren Zeiten und schwankenden Börsen rechnen. Wer damit nicht gut umgehen kann, ist mit weniger volatilen Anlagen wie Tagesgeld, Festgeld oder Gold vermutlich besser beraten.

Langfristige Anleger sollten den Rat von André Kostolany beherzigen: „Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten und schauen Sie die Papiere nicht mehr an.“ Damit meint er, sich nicht von kurzfristigen Kursschwankungen – etwa durch Zölle oder politische Entscheidungen – verunsichern zu lassen. Das gilt natürlich auch für ETFs. Kleinere Anpassungen im Portfolio können dennoch sinnvoll sein, um die Risiken wieder zu verringern.

Erst in einigen Jahren werde ich genau wissen, welche meiner Entscheidungen aus diesem Jahr richtig oder falsch waren, wenn ich meine Käufe und Verkäufe rückblickend analysiere. Fehler gehören an der Börse dazu – auch ich habe einige Fehlkäufe und Fehlverkäufe gemacht. Wichtig ist vor allem, dass sich das Vermögen über die Jahrzehnte hinweg vermehrt. Das hat bei mir seit 2013 sehr gut funktioniert und wird voraussichtlich so bleiben – auch wenn es zwischendurch längere Flauten geben kann.
Viele Grüße aus Lübeck,
Neue Podcastfolge: Finanzrocker-Podcast
Bereits zum zweiten Mal ist der Beamteninvestor Ben Offenberger zu Gast im Finanzrocker-Podcast. In den kommenden 65 Minuten sprechen wir darüber, warum und wie er sein Depot von 100 auf 50 Aktien reduziert hat, nach welchen Kriterien er seine Auswahl trifft und mit welchen Herausforderungen er derzeit konfrontiert ist. Außerdem gibt es eine Einordnung von mir zum Einfluss vom Zollcrash auf mein Depot und was ich umgesetzt habe.

Neue Podcastfolge: Mehr Mut zum Glück
In dieser Folge von „Mehr Mut zum Glück“ berichtet Christina Hillesheim offen über ihre Erfahrungen mit Burnout und Angststörungen. Sie erzählt, wie sie ihren Weg aus der Krise gefunden hat. Außerdem spricht sie darüber, welchen Herausforderungen und welchem Druck sie in ihrer Karriere begegnet ist – und warum sie sich schließlich dazu entschlossen hat, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, um anderen mit ihrer Geschichte Mut zu machen.
Neue Podcastfolge: Finanzrocker-Podcast
In dieser spannenden Episode des Finanzrocker-Podcasts spricht Daniel Korth mit Dr. Robert Velten, einem Mann, der auf den ersten Blick so gar nicht in die Finanzbranche passen will. Als promovierter Philosoph hat er einen etwas anderen Blick auf die Mechanismen der Märkte und kombiniert tiefgründige Denkansätze mit pragmatischen Investmentstrategien.
Monatsrückblick
Wie ich Anfang des Jahres schon verkündet habe, werde ich den "Mehr Mut zum Glück"-Podcast und auch diesen Newsletter etwas seltener veröffentlichen. Im März und April war ich auf diversen Dienstreisen und da bin ich wirklich froh, wenn ich das Wochenende mal für mich nutzen kann.

Jetzt kam neben Ostern auch noch ein Urlaub dazu, so dass ich mal wieder so richtig durchatmen konnte. Für 6 Wochen habe ich keine einzige Podcastaufnahme für Finanzrocker oder MMzG gemacht. Das war aber auch wirklich nötig. Nun geht es aber wieder los und ich freue mich auch schon wieder auf die kommenden Interviews. 

Die nächste Finanzrocker-Folge gibt es dann Ende Mai zu hören und die nächste Episode von "Mehr Mut zum Glück" hörst Du im Juni.

In der vergangenen Woche gab es wieder zwei große Messen, auf denen ich in der Vergangenheit öfter war: Die OMR in Hamburg und auch die Invest in Stuttgart. Die OMR hat seit ein paar Jahren auch einen großen Finanz-Part, wo ganz viele aus der Szene am Start sind. Gerade hier geht es aber meines Erachtens nur noch darum, gesehen zu werden und mit Bildern auf Instagram oder LinkedIn zu feiern, wen man alles getroffen hat.  

Ich muss ehrlich zugeben, dass mir dieser Trubel nicht so wirklich gefehlt hat und ich momentan extrem weit von dieser Finfluencer-Selbstdarstellerei weg bin. Dadurch habe ich auch nur noch wenig Kontakt zu anderen Leuten aus dem Bereich. 

Die ganzen Themen sind auf meiner Liste auch ziemlich weit unten. Was aber nicht heißen soll, dass ich mich nicht mehr mit Finanzen beschäftige. Die Pflege meines umfangreichen Depots erfordert schon das regelmäßige Überprüfen und auch das Scannen von Unternehmens-News. Hier hilft mir vor allem der Aktien.Guide*, der mir jeden Tag einen Newsüberblick aller Aktien meines Depots bietet. So bin ich morgens beim Kaffee schon up-to-date und muss nicht alle Nes-Seiten mühsam screenen.

Jetzt wünsche ich dir erstmal einen schönen Muttertag und alles Gute! 
Disclaimer: Vom Versender dieses Newsletters gehandelte Aktien, ETFs, P2P-Kredite, Anleihen und Fonds sind immer mit Risiken behaftet. Alle Texte sowie die Hinweise und Informationen stellen keine Anlageberatung oder Empfehlung dar. Sie wurden nach bestem Wissen und Gewissen aus öffentlich zugänglichen Quellen übernommen. Alle zur Verfügung gestellten Informationen (alle Gedanken, Prognosen, Kommentare, Hinweise, Ratschläge etc.) dienen allein der Bildung und der privaten Unterhaltung.

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Daniel Korth, Dornbreite 7n, 23556, Lübeck, Deutschland
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