Subject: NEUE ERDE Newsletter - Die Erde in der Krise & die Sexualität

Liebe Mitmenschen auf dieser Erde,-
lasst uns doch einmal über Sex reden.
Ich spreche jetzt nicht vom vordergründig »gegenständlichen« Sex, sondern von dem, was William Ashoka Ross eher »Liebesspiel« nennen würde, und von dem D. H. Lawrence beklagt, dass wir die Liebe »vom Stengel am Baum des Lebens gepflückt haben«.
Für Lawrence ist Sexualität nicht zu trennen »vom Auf- und Untergehen der Sonne«; und weiter: »Wir bluten an den Wurzeln, denn wir sind von der Sonne, den Sternen und der Erde abgeschnitten.«
Dolores LaChapelle spricht von »heiliger Sexualität« und plädiert dafür, dass wir unseren Körper ebenso heiligen wie den größeren Leib alles Lebendigen, ohne den unser Körper nicht einen Moment sein könnte. Dabei beschränkt sich Sexualität nicht auf die Genitalien, sondern auf die gesamte Einheit von Leib-Seele-Erde.
Sexualität hat mit Einbezogensein in diese Einheit zu tun, nicht nur im Bewusstsein, sondern auch ganz praktisch in unserer leiblichen Existenz in einem Ökosystem. Wie viele Menschen kann dieses Ökosystem ernähren, ohne aus den Fugen zu geraten?
Große Fragen, ja. In ihrem Buch »Sexualität – Der vergessene Schlüssel zur Versöhnung von Mensch und Erde« widmet sich Dolores LaChapelle diesen Fragen und nähert sich ihnen aus den unterschiedlichsten Richtungen: vom Daoismus, von den Naturvölkern, von D. H. Lawrence, von der Verhaltensforschung…
Mehr zu lesen gibt es weiter unten und auf unserer Homepage in der Leseprobe.
Den Weg gehen und neue Blickwinkel, neue Aussichten gewinnen,
das wünsche ich Euch


Herzlichst Euer
Andreas Lentz
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Zu einem umfassenden Erleben von Sexualität

Was ist eine ursprüngliche Sexualität? Wie tief kann Sexualität zwei Menschen berühren und sie auch mit der Erde und allem Sein verbinden? Welche Rolle spielt sie bei unserer Suche danach, wieder im Einklang mit der Natur zu leben? Ohne ein Feigenblatt vor den Mund zu nehmen, geht die Autorinin ungewöhnlicher Konsequenz diesen Fragen nach. Dabei eröffnet sie uns unvoreingenommene Blicke ins Tierreich, in die alten Hochkulturen und das Leben gegenwärtiger Stammesvölker. Ergänzt wird dieser Essay durch Ansatzpunkte, wie dieses uralte Wissen unser heutiges (Sex-)Leben bereichern kann.


Dolores LaChapelle
Sexualität - Der vergessene Schlüssel zur Versöhnung von Mensch und Erde
ISBN: 978–3–89060–587-6
Die Erde in der Krise & die Sexualität
ANDREAS LENTZ


DIE GESCHICHTE unserer westlichen Zivilisation, wie wir sie seit der Zeit des Römischen Weltreiches ganz gut überblicken können, zeigt uns zwei große Linien:

- eine fortschreitende Entwicklung mechanischer Apparaturen mit damit einhergehender Naturentfremdung des Menschen;

- eine stete Zunahme der Anzahl der Menschen.

Heute ist die menschliche Bevölkerung auf dem ganzen Erdball auf mehr als unvorstellbare sieben Milliarden gewachsen, und von diesen leben einerseits die meisten in großer Armut und viele hungern, andererseits haben viele Hundert Millionen Menschen dank komplexester mechanischer Geräte einen in der Menschheitsgeschichte bisher unerreichten Komfort.

Zugleich kommen in Gesellschaften mit westlicher Zivilisation (und dazu gehören inzwischen auch Teile vieler nicht-westlicher Völker) in immer stärkerem Maße psychische Erkrankungen vor; das auf Wachstum gegründete Wirtschaftssystem erweist sich als brüchig, und die Unterschiede in Hinblick auf materiellen Wohlstand vergrößern sich stetig. Zugleich ist unsere gesamte Biosphäre von großen Zerstörungen und Ungleichgewichten betroffen.
Dies sind nur ein paar Punkte, um die globalen Probleme von heute zu beschreiben. Doch warum bekommen wir diese Probleme, die uns doch nicht neu sind, nicht in den Griff?
Meine Antwort darauf ist: Weil wir elementare Wahrheiten ausblenden und nicht mit bedenken, und wenn doch, dann nur abstrakt mit einem Wissen, das ohne Weisheit und ohne Liebe ist.

Zu den elementaren Wahrheiten gehört, dass wir als Menschen eine Spezies darstellen, eine von Myriaden von Lebewesenformen, die auf der Erde leben – und dass wir als Spezies, als Menschengruppe und als Einzelwesen »Mensch« eingebunden sind in einen evolutionären Prozess und in ein gewaltiges, jedes Vorstellungsvermögen sprengendes Lebensnetz – und zwar nicht nur körperlich, sondern auch seelisch und geistig.
Von dieser Grundlage aus entwickelte die Tiefenökologie, die sich in den 1970er Jahren formierte und von Dolores LaChapelle maßgeblich beeinflusst wurde, die gedanklichen Werkzeuge, um Lösungen für die Probleme der heutigen Zeit zu finden. Diese gedanklichen Werkzeuge müssen die elementaren Tatsachen unserer ökologischen Wirklichkeit mit einbeziehen, wenn sie etwas taugen sollen.

Zu diesen elementaren Tatsachen gehört, wie Dolores LaChapelle es ausdrückt, »dass die Menschheit allein keine Kinder zeugen kann. Vielmehr ist es die ganze lebendige Umwelt, die das Kind erzeugt und es am Leben erhält: die Luft, der Boden und die Pflanzen und Tiere der unmittelbaren Umgebung.«
Doch der Mensch lebt nicht von Brot allein, also ist es nicht nur die materielle Grundlage, die uns unseren Platz auf der Erde gewährt, sondern auch die seelisch-geistige, oder, wie der von mir immer gerne wieder zitierte Jaques Perrin sagt: »Es gibt nichts Unmenschlicheres als eine Welt, in der es nur noch Menschen gäbe.«

So ist nicht nur der Hunger Ausdruck dessen, dass das Land die dort lebenden Menschen nicht ernähren kann (Faktor Bevölkerungswachstum), sondern die Gewaltausbrüche (spiegelbildlich zur Gier an den Börsen und der daraus resultierenden Wirtschaftskrise) sind Ausdruck der Abspaltung des menschlichen Bewusstseins vom Bewusstsein des großen Ganzen, welches das Nicht-Menschliche einschließt.

Sexualität schließlich hat mit beidem zu tun: zum einen mit Nachkommenschaft (also wie viele Menschen kommen auf wie viele natürliche Ressourcen), zum anderen mit der Frage, ob Sex uns mit dem großen Ganzen verbindet. Denn Sexualität ist ja etwas, das uns elementar mit dem Strom allen Lebens verbindet: Sie ist biologisch Ursprung unserer persönlichen Existenz und unser Bindeglied zu den nachfolgenden Generationen und bewusstseinsmäßig eine Auflösung der Dualität, ein Verschmelzen mit allem Leben und allem Bewusstsein.

Das Buch »Sexualität – Der vergessene Schlüssel zur Versöhnung von Mensch und Erde« ist ein grandioser Werkzeugkasten, der uns viele neue gedankliche Werkzeuge zu einem tieferen Verständnis der heutigen Weltprobleme bietet.
Es ist nur eine Frage weniger Generationen, bis unsere heutige Lebensweise die eigenen Grundlagen zerstört haben wird – und es ist eine Frage an unsere Generation, ob wir es als Menschen aus eigener Einsicht und Kraft schaffen, uns als Menschen zurückzunehmen, andere Lebewesen in ihrem Existenzrecht anzuerkennen und uns zu beschränken – oder ob wir dies der Natur und den Mechanismen überlassen, die wir in Gang gesetzt haben.

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