Ich frage mich beim Fußball, welche innerseelischen Bedürfnisse da eine Rolle spielen, und bin bislang auf drei Aspekte gestoßen:
• Begeisterung
Sich für etwas begeistern können, ist sicher ein grundlegender Lebensantrieb, der in unserer durchrationalisierten Welt wenig Raum findet. Auch haben wir in unserem Lebensumfeld unsere Sinne eher vergröbert als verfeinert. Darum müssen wir vielleicht erst lernen, uns für die feineren sinnlichen Impulse zu öffnen, hinzuschauen, hinzuhören und hinzufühlen. Das können wir ganz sicher in der Natur, in lebendigen Landschaften, in der die Wildheit webt und wirkt. Dazu regt Mary Reynolds-Thompson mit ihrem Buch an »Ruf der wilden Seele«.
• Intuition und Ganzheitlichkeit
Ein Fußballspiel steckt voller Unvorhersehbarkeit, und man muss es in der Gesamtheit zu »lesen« verstehen, das Zusammenspiel, die sich fortwährend verschiebenden Beziehungen sehen und intuitiv erfassen. Damit auch wir unser eigenes Leben besser bestehen, ist es gut, wenn wir unsere Intuition schulen und mehr auf sie hören (nicht nur, um Wetten zu gewinnen ;-) Dazu hat Diana Kavian ein erhellendes Buch mit vielen schönen Übungen geschrieben: »Erwarte das Unerwartete«.
• Zugehörigkeit
Ein ganz wesentlicher Aspekt scheint mir, das Gefühl der Zugehörigkeit, das sich im Fußballstadion einstellt: »You never walk alone.« Schon Charles Darwin hat das Zusammengehörigkeitsgefühl als einen entscheidenden Faktor der menschlichen Evolution erkannt, es ist ein urmenschliches Bedürfnis, das jedoch – wie wir bei Indigenen sehen – nicht auf das Menschliche beschränkt bleiben darf. Sehr poetisch zum Ausdruck bringt dies Darryl Wilson in seinem Buch »Wellen auf dem Meer der Zeit«, welches auch deutlich macht, wie weit wir uns von unserem eigentlichen Menschsein entfernt haben.
Ist das, was im Fußballstadion geschieht, also eine Art Ersatz für tieferliegende seelische Bedürfnisse? Mit dieser Frage lasse ich Euch jetzt allein, denn nicht ich bin zu einer Antwort berufen. Vielmehr werdet Ihr in Euch selbst und im Zusammensein mit der nichtmenschlichen, der »wilden« Welt eine Antwort finden, Eure eigene!
So verstehe ich auch mein verlegerisches Wirken: Nicht ausgetretene Pfade will ich weisen, sondern Möglichkeiten aufzeigen und anregen, die eigenen Wege zu bahnen.
In diesem Sinne bleibe ich
herzlichst Euer
Andreas Lentz