Liebe Freund*innen,
wow, danke für eure tollen Rückmeldungen auf die erste Ausgabe unseres Wahlbeobachter*in-Newsletters vergangene Woche! Wir freuen uns, dass unsere Idee – und die Umsetzung – bei euch so gut ankommt.💜 Leitet den Newsletter doch gerne weiter oder erzählt Freund*innen davon!
Diese Woche dreht es sich im Wahlbeobachter*in-Newsletter nicht um eine Aussage, sondern ums Personal. Denn wie oft haben wir schon folgende Fragen gehört:
Ist Frauen wählen feministisch?
Zur Bundestagswahl 2025 treten zwei Parteien mit Frauen als Spitzenkandidatin an: die AfD und das BSW. Alle anderen größeren Parteien ziehen mit Männern in den Wahlkampf. Und da es im Feminismus immer auch um Machtverteilung und Repräsentation geht, stellt sich die Frage, ob die Wahl dieser Frauen zur Gleichberechtigung beitragen würde. Schließlich hätten wir mit einer möglichen Kanzlerin Alice Weidel nicht nur wieder eine Frau im Kanzleramt, sondern auch die erste Bundeskanzlerin, die in einer lesbischen Beziehung lebt. Oder mit Sahra Wagenknecht eine Frau, deren Partei nicht nur komplett auf sie zugeschnitten ist, sondern die ihrem Selbstverständnis nach dafür eintritt, »dass Frauen gleiche Rechte und gleiche Chancen haben wie Männer«.1
Wäre Deutschland unter einer dieser beiden feministischer?
Die Antwort lautet: Nein! Alice Weidel ist das Gesicht einer »in Teilen gesichert rechtsextremen Partei«2, die offen mit ihrer Verachtung für Frauen und andere marginalisierte Gruppen kokettiert. Dass eigene Diskriminierungserfahrung nicht zwingend den Gerechtigkeitssinn schärft, zeigt sich nicht nur an ihr, sondern auch an ihrem ehemaligen Parteifreund Mirko Welsch, der als »Sprecher der Homosexuellen in der AfD« eine »Abschiebung der Antifa nach Buchenwald«3 forderte.
Sahra Wagenknecht wütet gegen »skurrile Minderheiten«, während sie zugleich versucht, nationalistische Pluspunkte auf Kosten von Geflüchteten und migrantisierten Menschen zu sammeln.4 Und auch ihre scheinheilige Überraschung über das Lob ihrer Politik durch den russischen Außenminister Lawrow kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr die Frauen in der Ukraine offenbar erschütternd egal sind.5
Hinter Weidel und Wagenknecht steht die geballte Macht des Patriarchats. Ihre Parteien wollen Frauenrechte entweder abwickeln (AfD) oder als Nebenwiderspruch des Kapitalismus ausblenden (BSW). Sie handeln reaktionär oder ignorant. Und verraten und bekämpfen emanzipatorische Bewegungen. Weidel und Wagenknecht dienen als Werbefiguren des Patriarchats.
Warum hat das Erfolg?
Sexismus existiert auch in wohlmeinender Form: In sexistischen Gesellschaften bieten Frontfrauen wie Weidel und Wagenknecht die Möglichkeit, populistische und menschenfeindliche Inhalte weicher, netter – eben angeblich weiblicher – zu verkörpern. Das funktioniert in Frankreich mit Marine Le Pen ebenso wie in Italien mit Giorgia Meloni. Sanft vorgetragener Nationalismus ist aber immer noch Nationalismus. Menschenverachtung, die von Frauen vorgetragen wird, bleibt Menschenverachtung.
Am Ende kommt es auf den Inhalt an. Und auf Wähler*innen, die für die bestmögliche Version von Gleichberechtigung und Solidarität stimmen, anstatt sich von Geschlechtszugehörigkeit beschwichtigen zu lassen.