| Liebe Freund*innen,
ist euch das auch schon passiert, dass ihr an Szenen aus eurer Jugend denkt – und plötzlich fällt es euch wie Schuppen von den Augen, weil euch klar wird: Was für ein sexistischer Mist war das bitte?! Vieles von dem, was in Kindheit und Jugend auf uns einprasselte – Sätze, Situationen, Gefühle – konnten wir damals nicht einordnen, weil wir es nicht anders kannten, weil wir es nicht besser wussten. Mit dem Wissen von heute fühlen sich manche dieser Erinnerungen nicht mehr gut an. Vielleicht sogar richtig mies. | Als ich 14 war, gab es unter den Mädchen in meiner Stufe einen Trend und der hieß »Screamo-Taschenalarm«. Wir schenkten ihn uns gegenseitig. Bunt, mit Plüschanhänger, als krakeelendes Symbol unserer neuerworbenen Fraulichkeit. In welchen Situationen er eingesetzt werden sollte, wurde nicht tiefgehender besprochen. Aber offenbar war es etwas, womit man in der Erwachsenenwelt rechnen musste. Und das machte es spannend und uns sogar ein bisschen stolz. | Dieses Zitat stammt von Anni aus dem PINKSTINKS Team – sie hat eine kleine Reise in ihre Jugend unternommen und in einem sehr persönlichen Text genau solche Erinnerungen aufgeschrieben, die sie heute ganz anders einordnen würde. Darunter auch Szenen, die sie klar als übergriffig oder sogar als sexualisierte Gewalt entlarven würde. Was hätte es gebraucht, damit die vierzehnjährige Anni oder die fünfzehnjährige Aylin oder die sechzehnjährige Jane damals bestimmte Situationen als das verstanden hätten, was sie waren (sexistisch und grenzüberschreitend!)? Denn nur, wenn wir Dinge einordnen können, haben wir eine Chance, auch entsprechend zu reagieren. Was also hätte es gebraucht? Bildung! Aber natürlich nicht nur Bildung für Anni, Aylin und Jane. Sondern auch Andreas, Hamza und Mo hätten sie damals gebraucht. Denn Bildung und Sensibilisierung zu Sexismus betrifft alle Geschlechter. Es darf nicht nur darum gehen, dass die junge Anni lernt, Nein zu sagen und Geschlechterstereotypen zu hinterfragen. Die erwachsene Anni schreibt: | Am 2. März 2006 schrieb ich folgende Sätze in mein Tagebuch: »Ich liebe P.! Ob er mich wohl auch liebt? Ich habe Angst, ihm was zu sagen, falls er sagt, er will nur Freundschaft. Gestern hat er den Tafelschwamm nach mir geworfen. Aber Frau S. sagt, wenn Jungs einen ärgern, heißt das in Wirklichkeit, dass sie einen mögen.« Am liebsten würde ich mein 11-jähriges Ich (und Frau S. gleich mit) an den Schultern packen und sagen: »Nein, das heißt, dass er ein Arschloch ist!« | Sondern es muss auch darum gehen, dass eben dieser P. weiß, was Konsens ist. Dass dieser Junge Übergriffigkeit und Sexismus genauso erkennt wie Anni. Und dass er weiß, dass auch viele Jungs und Männer unter den Geschlechterrollen leiden, in die sie hinein gezwungen werden.
Genau da setzt unser Schularbeitsheft gegen Sexismus für die Klassen 7 bis 9 an, das seit mehreren Jahren erfolgreich an Schulen bundesweit zum Einsatz kommt. Seitdem wir das Heft zum 8. März 2021 veröffentlicht haben, haben wir es bereits 23.250 Mal verschickt. (Fast 24.000! Als wir die Zahl nachgeschaut haben, konnten wir es selbst kaum glauben!) | |
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