Liebe Freund*innen,
es ist richtig bitter, was seit Anfang November im Bundestag blockiert wurde oder werden könnte: das Gesetz zur Kindergrundsicherung (das wäre ein so wichtiger Anfang gewesen!), das Demokratiefördergesetz (wie soll Demokratie verteidigt werden, wenn der Staat keine Mittel dafür bereitstellt?), das Gewalthilfegesetz (auch das wäre ein so wichtiger Anfang gewesen!). Um nur einige zu nennen …
Ein Blick in die Geschichte zeigt: Es sind immer die Rechte von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen, die als Erstes angezweifelt, dann angegriffen und schließlich zurückgedreht werden. Und genau das ist jetzt in Deutschland zu befürchten.
Mitte November stellte ein Lokalpolitiker der CDU auf Social Media das Wahlrecht für Frauen in Frage.1
1111 Der Kanzlerkandidat der CDU, Friedrich Merz, hat Mitte Oktober gesagt: Geschlechterparität im Kabinett wolle er nicht, denn wenn die Hälfte mit Frauen besetzt werde, würde das zu »krassen Fehlbesetzungen« führen.222
Die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ist für Merz ebenfalls ein rotes Tuch.3 (Aber wie toll ist es bitte, dass eine Gruppe von Grünen-, SPD- und Linken-Abgeordneten jetzt noch schnell einen Antrag dazu eingebracht hat?! Das feiern wir! Und drücken alle Daumen!)
Schon bevor der Wahlkampf begonnen hatte, war in Debatten und Talkshows von Politiker*innen von CDU, CSU oder FDP immer wieder zu hören: Sowas können wir uns gerade nicht leisten. (Mit »sowas« waren fast immer sozialpolitische Vorhaben, Gerechtigkeitsfragen und Klimaschutzmaßnahmen gemeint.)
Und über das Frauen- und Familienbild der AfD und die »sozial«-politischen Pläne der AfD brauchen wir hier gar nicht erst zu reden, das Wahlprogramm trieft nur so vor Antifeminismus und Diskriminierung.
Natürlich wird die Union das allgemeine Wahlrecht nicht abschaffen, sollte sie an die Regierung kommen. Aber es ist ein Zeichen der Zeit, dass es ernsthaft Menschen in der CDU gibt, die so denken und es sich zu sagen trauen – und kein Parteiausschlussverfahren fürchten müssen. Es ist ein Zeichen der Zeit, dass sich Merz immer wieder frauenverachtend äußert. Und es ist ein Zeichen der Zeit, dass Politiker*innen unterschiedlicher Parteien meinen, Fortschritte in der Gleichberechtigung und Antidiskriminierung »müsse man sich leisten können«. Solche Aussagen machen uns einfach nur fassungslos – denn das bedeutet im Umkehrschluss ja: Wir können es uns als Gesellschaft leisten, dass laut neuestem »Bundeslagebild häusliche Gewalt« die Zahlen massiv angestiegen sind und mittlerweile fast täglich ein Femizid in Deutschland verübt wird.44 444 44 Wollen wir in einer solchen Gesellschaft leben?
Vor diesem Hintergrund scheint es kein Zufall zu sein, dass die drei oben erwähnten Gesetze bisher nicht vom Bundestag verabschiedet wurden. Alles Gesetze, die ein Anfang gewesen wären, die vor allem marginalisierte Gruppen in Deutschland besser geschützt hätten – nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft.
Das alles sind Rückschritte auf unserem Weg in eine gerechtere Gesellschaft. Wir von PINKSTINKS wollen uns einen solchen Antifeminismus nicht bieten lassen. Bisher haben wir Entwicklungen wie diese vor allem bekämpft, indem wir über Sexismus aufgeklärt und sensibilisiert haben. Doch das ist nicht mehr genug – es reicht nicht mehr aus, Menschen die Augen zu öffnen und sie darüber zu informieren, welche Vorteile Feminismus für alle hat, egal welchen Geschlechts. Denn mittlerweile haben wir es mit einer Gegenseite zu tun, die ganz bewusst Rechte beschneiden will. Die verneint, dass das Patriarchat ein Problem ist und die ganz bewusst Fortschritte in der Gleichberechtigung zunichtemachen will. Der Antifeminismus ist nur der Anfang: Es geht im Kern darum, unsere freiheitliche, vielfältige und demokratische Gesellschaft zu zerstören. Freiheiten einzuschränken, Menschen auszuschließen und zu unterdrücken, die nicht der Norm entsprechen. Und die Demokratie abzuschaffen.
Was wir als PINKSTINKS dagegen tun werden: Unsere Aufklärungsarbeit wird politischer werden, wir werden euch – also die gesamte PINKSTINKS Bande – stärker zu Aktionen aufrufen, um Standpunkte klarzumachen. Wir werden die Vernetzung vehement vorantreiben, wir werden Allianzen bilden, um mit euch und anderen gemeinsam solche Rückschritte aufzuhalten. Erste Gespräche haben wir geführt – mit den wunderbaren Leuten von Radikale Töchter und vom Gunda-Werner-Institut, weitere Gespräche stehen an. Außerdem sind wir aktiv bei Veranstaltungen wie dem Campact-Demokratie-Tag oder bei Netzwerktreffen wie denen der Widersetzen-Initiative.
Wir alle müssen gemeinsam verhindern, dass Rechte und Freiheiten beschnitten werden. Jede Person so, wie sie es kann. Viele von euch unterstützen uns bereits mit einer Fördermitgliedschaft – das ist so wunderbar! Tausend Dank! Und alle, die noch nicht dabei sind: Werdet Fördermitglied! Denn wir alle zusammen werden einen langen Atem haben müssen – PINKSTINKS wird euch also dauerhaft brauchen.