Hallo Friend,
was waren die letzten zwei Wochen verrückt. Gerade in der Finanzwelt konnte mit Mühe und Not eine ausgewachsene Finanzkrise unterdrückt werden. Warum du gerade jetzt in deinem Depot auf die Klumpen achten solltest, möchte ich in heute vorstellen.
Ich möchte im Newsletter nun nicht nochmal alles haarklein wiedergeben, aber ich werde einige Links setzen, wo du weiterführende und gut erklärte Informationen bekommst.
Was ist eigentlich passiert?
Der grundlegende Auslöser waren die schnellen Zinserhöhungen von der US-Zentralbank FED. Davon wurden einige amerikanische Banken auf dem falschen Fuß erwischt. Ganz vorn mit dabei: die Silicon Valley Bank (SVB).
In den letzten Jahren profitierte die Bank vom Tech-Boom im Silicon Valley. Viele Start-ups parkten ihr Venture Capital dort. Mit einem Teil des Geldes wurden Kredite an andere Start-ups vergeben, um damit Geld zu verdienen. Ein anderer Teil wurde in langlaufende US-Staatsanleihen investiert. Bei Finanzfluss wird das etwas ausführlicher erläutert.
Problematisch wurde es durch das sinkende Wagniskapital und das daraus resultierende Abheben der Ersparnisse durch die Start-ups. So viel Geld hatte die SVB aber nicht geparkt und das Zinsrisiko wurde ausgeblendet.
Es hatte sich nämlich schon am 10.03. zu einem Flächenbrand entwickelt, der zahlreiche andere kleine und mittlere Banken in Mitleidenschaft gezogen hatte. Mit der First Signal und der Silvergate Bank erwischte es noch zwei weitere Banken.
Die US-Regierung musste daher ganz schnell reagieren, damit nicht gleich eine große Finanzkrise mit ernsten Folgen entsteht. In Europa wurde derweil versichert, dass die kleinen und mittleren US-Banken keinen Einfluss auf die europäischen Banken hätten. Sie wären ja nicht systemrelevant. Tja, die Worte hielten keine Woche.
Die Pleite und der Notverkauf der Credit Suisse
Dann erwischte der Dominoeffekt die systemrelevante Schweizer Großbank Credit Suisse (CS). Die war schon im letzten Jahr von einer großen Vertrauenskrise getroffen worden. Nun sorgte das aus den USA rüberschwappende Bankenbeben zu einer großen Unsicherheit in Europa.
Auf Nachfrage beim saudischen Großinvestor Saudi National Bank, ob sie frische Mittel in die CS einbringen würde, kam ein ganz klares Nein. Das führte zu einem Kurseinbruch um 30 % und erneut zu einem Dominoeffekt. Viele Unternehmen und reiche Menschen zogen ihre Gelder bei der CS ab. Das führte zu einer Situation, in der die Credit Suisse am Montagmorgen nicht mehr die Türen hätte aufschließen können. Sie wäre zahlungsunfähig geworden, weil kein Geld mehr zum auszahlen da gewesen wäre. Das gleiche Problem gab es ja auch bei der SVB.
Diese Situation hätte zu einer schweren Finanzkrise geführt, denn die CS gehört zu den 30 systemrelevanten Banken weltweit. Aus diesem Grund musste die Credit Suisse in einer Nacht-und-Nebel-Aktion an den Konkurrenten und direkten Nachbarn UBS zum Schnäppchenpreis verkauft werden. So wurden die weltweiten Finanzmärkte erst einmal beruhigt, aber ausgestanden ist das Ganze noch nicht. Das konnte man an den Kursverlusten von Commerzbank und Deutscher Bank am Freitag sehen.
Warum ist das Thema so wichtig?
Eine Finanzkrise hätte sich in der derzeitigen Situation mit Wirtschaftskrise, hoher Inflation, dem Krieg in der Ukraine, allgemeinen geopolitischen Spannungen und den Corona-Nachwehen wie ein blitzschneller Flächenbrand ausgewirkt.
Aber mal abgesehen von den Börsenkapriolen ist es für Anleger ein ernstes Warnzeichen, wenn so schnell Börsenwerte vernichtet werden können. Und gerade bei der Credit Suisse und der SVB waren es hausgemachte Probleme.
Anfang des Jahres wurde die SVB sogar in diversen Top-Aktien-Übersichten gelistet. Die Unterbewertung der Credit Suisse-Aktien war auch immer wieder ein Thema in unterschiedlichen Börsenformaten. Als Aktionär hat man mit den beiden Aktien so richtig ins Klo gegriffen, weil es fast ein Totalverlust war.
Nach und nach kommen aber noch immer neue Probleme zum Vorschein. So sind die sogenannten Coco-Bonds der Credit Suisse so gut wie wertlos geworden. Jetzt wirst du dich fragen: Was zur Hölle ist das schon wieder? Das sind spezielle Anleihen mit regelmäßigen hohen Kuponzinsen.
Die finden sich in den Portfolios bei vielen großen Banken und Vermögensverwalter wieder - auch bei der Deutschen Bank. Die können sich auch in einigen Fonds wiederfinden. Deshalb sind die Probleme auch noch nicht ausgestanden.
Was tun als Anleger?
Tja, das ist die zentrale Frage. Abwarten und Tee trinken ist hier tatsächlich die beste Lösung, wenn man breit gestreut über mehrere Assets anlegt. Überstürzt handeln bringt in den wenigsten Fällen etwas. Wenn ich jetzt schon wieder auf Twitter lese, dass ganz viele ihre Aktien verkaufen und in ETFs umschichten, frage ich mich, warum sie überhaupt in Einzelaktien investiert haben.
Persönlich investiere ich nur in ganz kleinem Umfang in Banken, weil ich die Risiken einfach nicht abschätzen kann. Da waren die beiden Fälle von SVB und Credit Suisse wieder ein warnendes Beispiel. Deswegen ist die Branchendiversifikation für mich bei Einzelaktien so wichtig. Aber nicht nur bei Einzelaktien solltest du auf dieses Risiko achten, sondern auch bei ETFs.
Auch der iShares Stoxx Global Select Dividend 100 hat einen Finanzbranchen-Anteil von 23 %. Das führte im letzten Monat zu einem Rückgang von 8 %. Trotz einer vermeintlich breiteren Streuung in diesen ETFs ist hier ein dicker Finanzklumpen enthalten.
Zum Vergleich der iShares MSCI World Core: Hier beträgt der Finanzanteil nur 14 % bei einem moderaten Monats-Minus von 2,39 %. Fast dieselbe Aufteilung und dasselbe Minus hat auch der iShares ACWI.
Die Branchenrisiken im eigenen Depot solltest du generell nicht unterschätzen. Im letzten Jahr hat die Techkrise bei vielen ein hohes Depotvermögen vernichtet. Wer überwiegend auf Big Tech und vermeintliche Dauer-Kursraketen gesetzt hat, war wirklich aufgeschmissen. In diesem Jahr ist es der Finanzbereich, der mal wieder einem ausgewachsenen Stresstest ausgesetzt ist.
Schwankungen und Risiken reduzieren
Wie du siehst, sind auch spezialisierte ETFs wie die erwähnten Dividenden-ETFs mit einem Branchenklumpen versehen. Du solltest immer vorher schauen, wo da die Risiken liegen könnten. Und damit meine ich nicht nur die Themen-ETFs, die noch einmal besondere Risiken haben.
Trotz eines merkwürdigen Bauchgefühls vor dem, was da noch alles kommen kann bei den Banken, bringt es nichts, jetzt überstürzt zu handeln. Wenn dir persönlich die Schwankungen bei einem hohen Aktienanteil im Vermögen zu hoch sind, setze einfach verstärkt auf schwankungsärmere Assets wie beispielsweise Tages- und Festgeld (Einlagensicherung bis 100.000 Euro pro Institut!), Gold oder auch Anleihen-ETFs. Die laufen tatsächlich in diesem Jahr gut, schwanken deutlich weniger und korrelieren nicht mit Aktien.
Noch ein ganz wichtiger Punkt zum Schluss: Investiere nur in Aktien, wenn du das Geld die nächsten zehn Jahre nicht benötigst. Sonst ist das Risiko hoch, dass du mit weniger Geld wieder aus der Anlageklasse rausgehen könntest. Dabei sind die letzten zehn Börsenjahre auch kein Maßstab. Aufgrund des vielen Zentralbankgelds im Markt und der niedrigen Zinsen waren die nämlich ein Sonderfall. Bei steigenden Zinsen verändern sich auch die Märkte wie wir es gerade anschaulich zu sehen bekommen. Tatsächlich ist das der Punkt zu dem ich die häufigsten Fragen beantworten muss.
Jetzt wünsche ich dir aber erstmal einen sonnigen und entspannten Sonntag. |