Hallo Friend,
letztes Jahr wurde vor allem in der Finfluencer-Szene viel Werbung für Krypto-Kreditkarten und das dazu passende Krypto-Lending gemacht. Es wurde die nächste Sau durchs Dorf getrieben, mit der ganz viel passives Einkommen generiert werden konnte. Bei der entsprechenden Zielgruppe zieht das natürlich ohne Ende.
In der Zinswüste bis zu 12 % Zinsen (teilweise sogar mehr) mit vermeintlich kaum riskanten Krypto-Lending zu verdienen, klingt zunächst nach einer ganz dollen Nummer. Dazu gab es kaum Krypto-Assets, die nicht "to the Moon" gingen. Wer zu gierig war, dem flog das alles in den letzten Wochen kräftig um die Ohren.
Es ist schon krass zu sehen, was dieser Crash der Krypto-Assets in den letzten Monaten und vor allem in der letzten Woche alles auslöste. Ein Dominoeffekt wie er im Buche steht. Doch der Reihe nach.
Der Dominoeffekt im Krypto-Lending
Im November 2021 erreichte der Bitcoin-Kurs mit 65.208 US-Dollar sein vorläufiges All Time High. Seitdem sank der Kurs auf unter 20.000 US-Dollar. Das ergibt ein Minus von über 70 %.
Nun gehören hohen Schwankungen bei den Kryptowährungen dazu. Bis zum 6. Mai lief das vergleichsweise "normal" volatil vor sich hin. Die hohe Inflation und die Erhöhung der Leitzinsen sorgten aber schon für fallende Kurse.
Dann kam der Crash der Kryptowährung Luna, die an den Stablecoin TerraUSD gekoppelt war. Bis dahin gehörte Terra zu den 10 wertvollsten Kryptowährungen mit einem Spitzenwert von 120 US-Dollar. Mittlerweile liegt er bei 0,0001 US-Dollar. So viel zum Thema stabil! Viele haben ein Vermögen mit dem Investment verloren. Die ganze Geschichte kannst du hier nachlesen.
Der Terra-Luna-Crash sorgte für starke Verluste im gesamten Kryptomarkt und sturzartig fallenden Kursen. Bis in den Juni hinein hielten sich die Kurse nach dem ersten Sturz noch so halbwegs. Dann kam aber der Celsius-Crash, der tatsächlich noch viel schlimmer war. Nicht nur für die Kryptowährungen, sondern auch für zahlreiche Unternehmen, die auf Krypto-Lending setzten. Ein klassischer Dominoeffekt, der noch lange nicht zu Ende ist.
Was ist Celsius?
Celsius Network ist eine US-amerikanische Krypto-Plattform, über die Kunden Bitcoin und Co. kaufen, tauschen und verkaufen können. Darüber hinaus vergibt das 2017 gegründete Unternehmen auch Kredite auf Kryptowährungen für mehrere Coins wie Ethereum, Bitcoin oder XTC. Wer seine Krypto-Einlagen verleihen wollte, bekam je nach Coin bis zu 12 % Zinsen. Celsius wurde vor dem Crash mit bis zu 3 Milliarden Dollar bewertet und verwaltete selbst 20 Milliarden US-Dollar in Krypto-Assets. So weit, so gut.
Leider ist der Kryptomarkt nicht reguliert und es traten laut "New York Times" schon in der Vergangenheit bei Celsius immer häufiger Probleme auf, die staatliche Untersuchungen nötig machten. Der Terra-Luna-Crash und der daraus resultierende Kursverfall der Cyber-Devisen sorgte bei Celsius für große Probleme. Am 13.06. wurden Vermögen von 1,7 Millionen Kunden eingefroren. Celsius konnte die Liquidierungsanfragen der Kunden nicht mehr bedienen, die schnell an ihr Geld wollten.
Aber nicht nur Celsius und andere Plattformen waren stark von den fallenden Kursen getroffen worden, sondern auch Hedgefonds (die sich die Kryptos geliehen haben) und auf Kryptowährungen spezialisierte Unternehmen wie in Deutschland Nuri (Ex-Bitwala).
Einfluss auf deutsches Fintech
Neben Celsius meldete auch der direkte Konkurrent Voyager Digital Insolvenz an. Auch das Unternehmen verlieh Kryptowährungen und bot sogar noch höhere Zinsen. Hier zahlte jedoch der Krypto-Hedgefonds Three Arrows Capital (3AC) keine Zinsen mehr für die geliehenen Krypto-Assets.
Nicht der letzte Problemfall
An dieser Stelle kann ich nur nochmal vor zu viel Gier in Bezug auf hochriskante Geldanlagen warnen. Dieser vermeintliche Selbstläufer hat mich von Anfang an skeptisch gemacht. Ich bin froh, dass ich hier auf mein Bauchgefühl gehört und es nicht ausprobiert habe.
Das soll natürlich nicht heißen, dass das jetzt den Untergang der Kryptowährungen bedeutet. Vor allem Bitcoin und Ethereum sollten das wegstecken. Eine Marktbereinigung gerade beim gehypten Krypto-Lending war dringend nötig. Einen lesenswerten Kommentar zum Krypto-Crash und zur Zukunft in den Kryptowährungen findest du hier.
Auf der anderen Seite ist es natürlich bedenklich, dass wieder so ein Lehman-Effekt für eine notwendige Bereinigung sorgt - und auch nicht direkt beteiligte Player mit hinein zieht. Spätestens dann fallen aber auch die Fallstricke im deutschen Fintech-Bereich auf.
Wenn es ganz dumm laufen sollte, geraten auch Firmen wie die Solarisbank in den Strudel mit rein. Mit seiner Vollbanklizenz sorgt die Bank für das Haftungsdach ganz vieler Player auf dem Markt, die nicht über eine eigene Banklizenz verfügen. Nuri ist übrigens einer davon. Aber auch andere Fintechs wie Penta, Tomorrow oder Vivid zählen dazu.
Fazit
Wie auch immer es weitergeht, als Privatanleger sollte ich mir die Risiken solcher Konstrukte vorher bewusst machen. Häufig schaut man sich die Konstruktionen dahinter gar nicht an und sieht nur die tollen 5 % Zinsen bei geringem Aufwand. Die Risiken blenden die meisten aus.
Gilt im übrigen auch für die P2P-Plattformen, die ja erst in diesem Jahr reguliert werden. Da hat aber während Corona schon eine erste Bereinigung stattgefunden.
Das Kleingedruckte ist halt für 90 % der Investoren ein völlig uninteressantes Thema, das leider erst interessant wird, wenn die Kohle weg ist. Dann ist es aber meistens zu spät.
Deshalb an dieser Stelle nochmal mein dringender Aufruf: Du solltest IMMER wissen in was du investierst und die Fallstricke kennen. Hohe Rendite geht IMMER mit hohen Risiken einher. Vielleicht gehst du dann auch weniger Risiken ein, wenn du vorher genau überlegst.
Und wenn ich im Netz (vor allem bei Instagram, aber auch bei Youtube) sehe, was da alles abgeht, komme ich aus dem Staunen nicht mehr raus. So viele Leute lassen sich mit so einfachen Mitteln von merkwürdigen Leuten ködern, dass es schon körperlich weh tut.
Auch Tausende Euro für irgendwelche Coachings auszugeben, ist für eine solide Geldanlage völlig unnötig. Es reicht aus sich auf den Hintern zu setzen und sich selbst mit der Geldanlage einmal anständig auseinander zu setzen. Wenn man zu faul dafür ist, muss man natürlich tief in die Tasche greifen. Ganz ernsthaft: Das Anlegen in ETFs ist keine Wissenschaft und das absolute Grundlagenwissen kostet nur 32 Euro*.
In den letzten Wochen bin ich ehrlich gesagt aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus gekommen. Und das lag nicht am verstärkten Hören meiner Heavy Metal-Lieblingshits. Dabei ist es doch so einfach: Nachdenken bringt auf lange Sicht die beste Rendite. |