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Der berechnende Verstand kann eben das sehr gut: berechnen. Alles Berechenbare kann er sich untertan machen, zum Funktionieren bringen. Unsere von Maschinen beherrschte Zivilisation legt beredt Zeugnis davon ab. Und kaum ein heute lebender Mensch wollte auf die Errungenschaften des berechnenden Verstandes verzichten – von ein paar »Wilden« einmal abgesehen, die sehr gut ohne all das auskommen.
Nun ist es allerdings so, dass Lebendiges sich der Berechenbarkeit entzieht und damit auch nicht kontrollierbar ist. Wir Verstandesgetriebene müssen einsehen, dass unser Intellekt eine sehr junge Blüte am Baum der Evolution ist: an diesem Baum des Lebens, der nach den Gesetzen einer lebendigen Intelligenz funktioniert – und das seit Jahrmillionen. Diese Intelligenz verstandesmäßig durchschauen zu wollen, zeugt von Hybris – oder von lachhafter Dummheit.
All das lässt sich an unserem Kampf oder gar »Krieg« gegen ein Virus ablesen. Allerdings ist dies nur eines von zahllosen Beispielen von »zu kurz gesprungen« und »am Wesen des Lebendigen vorbei«. Unsere Zivilisation ist in dem Moment am Ende, wenn das Lebenserhaltungssystem der Erde zusammenbricht – da hilft keine Technik und keine Digitalisierung oder was der Hirngespinste mehr sind.
Das heißt nichts anderes, als dass wir, wollen wir unsere Zivilisation retten, uns den Lebenserhaltungssystemen von Gaia zuwenden müssen: nicht in dem Glauben, sie durchschauen und beherrschen zu können, sondern indem wir uns in echter Demut annähern und uns dem Leben und seinen Gesetzen anvertrauen. Eben diese Demut und dieses Vertrauen hat seit je die großen Wissenschaftler ausgezeichnet – nicht zuletzt die Physikerin Vandana Shiva, die sich im Geiste Mahatma Gandhis der Kriegsrhetorik der Agrarindustrie, der mit ihr verbundenen Pharmaindustrie und der von beiden geförderten Gentechnik widersetzt. Sie ruft dazu auf, den Widersinn des Ausscherens aus dem Lebendigen zu durchschauen, ihm zu widerstehen und zur Besinnung zu kommen.
Zivilisation leitet sich her von »civitas«, dem ummauerten städtischen Raum, der von der Natur scheidet. Doch kann dieser Raum gar nicht bestehen ohne die Wechselseitigkeit mit dem Wirkgefüge der Natur. Also gibt es nur einen Weg, unsere Zivilisation zu retten: die Mauern (im Innen wie Außen) einreißen und uns wieder dem Fluss des Lebens anheimgeben. Das heißt nichts anderes, als uns von der Zivilisation in der jetzigen Form zu verabschieden und wieder wild und frei, wieder lebendig zu werden.
Dieser Ansatz zieht sich seit Anbeginn 1983 durch unser Verlagsprogramm. Ein paar beispielhafte Bücher mögen pars pro toto genannt sein.
Das Leben wird uns tragen, wenn wir uns ihm anvertrauen.
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