Was ist der Negativitäts-Bias?
Ist dir schon einmal aufgefallen, wie ein Fehler während eines Spiels bzw. eines Wettkampfs all deine Erfolge überschatten kann?
Vielleicht hast du schon erlebt, dass du mehrere Schüsse getroffen hast, nur um sich auf den zu konzentrieren, den Du verfehlt hast. Das liegt an der Negativitätsverzerrung – unserer natürlichen Tendenz, uns mehr auf negative als auf positive Erfahrungen zu konzentrieren.
DIE MACHT DES SCHLECHTEN von Roy F. Baumeister & John Tierney ist ein faszinierendes Buch zu einem noch interessanteren Thema: Es behandelt den Negativitätseffekt und seine tiefgreifenden Auswirkungen auf unser Denken, Fühlen und Handeln.
Baumeister et al. (2001) stellten fest, dass das "Schlecht ist stärker als gut" - was bedeutet, dass negative Botschaften eine größere und länger anhaltende Wirkung haben als positive Aussagen.
Als die Menschen gebeten wurden, sich positive und negative Ereignisse vorzustellen, wurden die negativen Ereignisse viel detaillierter beschrieben als gegensätzliche Ereignisse, was das Konzept der Negativitätsverzerrung unterstützt (Puig et al., 2019).
„Das Negativitätsbias ist adaptiv, wie Biologen Merkmale nennen, die die Überlebenschancen eines Individuums oder einer Gruppe erhöhen. In der Savanne unserer Jäger-Sammler-Vorfahren haben die überlebt, die mehr darauf achteten, den giftigen Beeren aus dem Weg zu gehen, als sich auf den Genuss der köstlichen zu konzentrieren. Sie taten besser daran, auf hungrige Löwen zu achten als auf wohlschmeckende Gazellen. Die Liebenswürdigkeit eines Freundes war keine Existenzfrage, die Falschheit eines Feindes dagegen konnte zum Tode führen. Auf Gruppenebene hing das Überleben von etwas ab, was die Forschung als Kettenprinzip bezeichnet (nach dem Klischee, dass eine Kette immer nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied): Die Sicherheit des Clans ließ sich nicht durch ein einziges gutes Mitglied gewährleisten, wogegen der ganze Clan rasch vergiftet war, wenn ein nachlässiger Koch giftige Knollen servierte. Ein einziger Verräter genügte für einen fatalen Tipp an einen feindlichen Clan. Ein einziger Fehler kann heute noch tödlich sein; ein Feind kann einem immer noch das Leben zur Hölle machen; ein Verlust kann jahrelange Gewinne eliminieren. Auf Gefahren besonders zu achten hat also durchaus immer noch seinen evolutionären Sinn.“
Roy F. Baumeister & John Tierney
„Indem wir den Negativitätseffekt durchschauen und uns über unsere angeborenen Reaktionen hinwegsetzen, können wir destruktive Muster durchbrechen und positiver – effektiver – in die Zukunft sehen; anders gesagt, wir können uns die durchaus bemerkenswerten Vorteile dieser verzerrenden Tendenz zunutze machen. Pech, schlimme Nachrichten und negative Gefühle, das alles sorgt für starke, ja die stärksten Anreize überhaupt, widerstandsfähiger, gescheiter, netter und liebenswürdiger zu werden.“
Roy F. Baumeister & John Tierney
„Nimm das Schlechte mit dem Guten, sagen wir uns stoisch. Aber so funktioniert unser Gehirn nun mal nicht. Unser Verstand ist geprägt vom verzerrenden Einfluss eines fundamentalen Ungleichgewichts, und was dies für unser Leben bedeutet, wird der Wissenschaft gerade erst so richtig klar: Schlecht ist stärker als gut.“
Roy F. Baumeister & John Tierney
Es ist wichtig, sich unserer Negativitätsverzerrung bewusst zu sein, da sie sich nachteilig auf unser Wohlbefinden und unser Verhalten auswirken kann.