#24 Oh du stressige Weihnachtszeit …
Wie Selbst- und Umfeldmanagement dazu beitragen können, Stress an den
Feiertagen zu reduzieren
Viele Familien feiern aus einem gewohnten Ritual
heraus gemeinsam, aber tatsächlich verursacht das Zusammensein vor allem eines:
Stress. Die erzwungene Nähe bereitet manchem Unbehagen, sorgt für negative
Gefühle, Streit entsteht.
Wollen statt müssen, trauen statt
fügen
Das Wort „muss“ hat in dieser Zeit Hochkonjunktur: Man muss noch die Gans
bestellen, man muss Heiligabend zur Kirche gehen, man muss Opa Rüdiger zu
Weihnachten einladen, unabhängig davon, ob man sich mag oder nicht, man muss
noch Geschenke für Onkel Walter und Mutter besorgen, man muss noch Kekse backen
usw. Das Wort „muss“ ist zwanghaft und erzeugt Stress. Warum müssen wir etwas?
Entweder ich entscheide mich bewusst dafür, dann kann von „müssen“ keine Rede
sein, dann „will“ ich es so oder ich hinterfrage althergebrachte Rituale und
traue mich, Neuland zu betreten, das eher meinen Bedürfnissen entspricht.
Gute Vorbereitung und guter Umgang
helfen, Konfliktpotenzial zu reduzieren
Genauso lohnt es sich, hinzuschauen, an welchen Stellen eines solchen
Rituals es üblicherweise Streit gibt, bei welchen Gelegenheiten Unmut entsteht.
Für eben diese Situationen hilft es, sich in Ruhe vorher zu überlegen: Wie will
ich dieses Jahr damit umgehen? Wer sich hier einen „Wenn, dann …“-Plan
zurechtlegt, vermeidet es, zum Spielball familiärer Differenzen zu werden. Doch
Vorsicht: Wenn die Gedanken im Vorfeld nur noch darum kreisen, dass es
„hoffentlich keinen Streit“ geben wird, dann bahnen wir uns den Weg zur
selbsterfüllenden Prophezeiung. Denn unsere Gedanken bestimmen unser Handeln
und unsere Gefühle. Unsere Erwartungen beeinflussen unser Verhalten. Was wir
über andere Menschen denken, wird deshalb meist auch wahr. Der eigene
Umgangsstil ruft bei Ihrem Gegenüber jene Verhaltensweisen hervor, die Ihren
Erwartungen entsprechen. Ihr eigenes Denken wirkt sich auf Ihr gesamtes Umfeld
aus.
Konstruktiver Austausch statt
destruktive Vorwürfe
Berufen Sie in der Vorweihnachtszeit eine Familienkonferenz ein, am besten
gleich noch diese Woche. Dann heißt es, sich auszutauschen: Was sind
Erwartungen und Wünsche der einzelnen Familienmitglieder an Heilig Abend und
der Weihnachtstage? Was ist dem Einzelnen wichtig? Welche Werte haben für wen
eine hohe Bedeutung?
Wessen Werte missachtet werden, der wird sich weder kooperativ verhalten
noch mit den vereinbarten Bedingungen identifizieren. Werte lösen nicht nur
Gefühle in uns aus, weil unser Herz an ihnen hängt, sondern sie sind Teil der
eigenen Identität. Die Werte eines anderen zu erkennen und zu respektieren,
kann zu einer besseren Beziehung führen. Das Achten von Werten darf gerade im
familiären Verbund nicht einseitig sein, sondern gilt für alle Beteiligten.
Einigen Sie sich gemeinsam auf Kompromisse, so dass neben Zugeständnissen
auch die Berücksichtigung von Bedürfnissen möglich ist. Nehmen Sie sich Zeit
dafür und achten Sie darauf, dass möglichst alle Betroffenen an der
Familienkonferenz teilnehmen.
Was „muss“ sein, was kann anders
sein?
Auch die Frage der Geschenke kann bei dieser Gelegenheit erörtert werden.
Sind Geschenke von allen für alle wirklich notwendig? Oder gibt es
Alternativen? Eine Möglichkeit wäre, sich zu Weihnachten nichts zu schenken, um
den Stress von Überlegungen und Besorgungen zu umgehen und sich stattdessen
unabhängig vom Fest zu beschenken – nämlich dann, wenn man ein passendes
Geschenk für den anderen in Händen hält, einen guten Einfall hat, von sich aus
(und nicht vom Kalender gesteuert) das Bedürfnis hat, dem anderen eine Freude
zu machen. Gerade Kinder werden zu Weihnachten von allen Seiten mit Geschenken
überhäuft und sind mit der Würdigung der Menge schlicht überfordert. Auch hier
helfen klare Regelungen und Absprachen, ggf. auch ein beherztes Eindämmen
seitens der Eltern.
Keine Frage, das Fest der Liebe birgt viel Gutes in sich. Aber es ist mit
all seiner Tradition, hinter der sich eigene und fremde Ansprüche verbergen,
auch eine alljährliche Herausforderung für uns. Wohl dem, der rechtzeitig
Stressauslöser erkennt und reduziert. Damit das Wort Besinnung die
Weihnachtszeit regiert und nicht das „Muss“.
©
Ihre Antje Heimsoeth
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