Stressmanagement für Trainer
Pausen statt Power non-stop
Man müsse sich frei machen, hat Ottmar Hitzfeld einst gesagt. Wer das nicht könne, der verliere zu viel Kraft und Substanz. Das führe zu Fehlern und schließlich zu Misserfolg (vgl. Zeit Nr. 113/2011). Die Distanzierungsfähigkeit zum Job ist essentiell für einen Trainer. Bei sechs bis sieben Arbeitstagen pro Woche bleibt kaum Zeit für erholsame Pausen. Umso wichtiger ist es deshalb, im Alltag regelmäßig aus dem Hamsterrad auszusteigen. Zu einem guten Selbstmanagement gehört Disziplin, auch im Hinblick auf Auszeiten.
Digital Detox
Auch wenn Trainer glauben, 24 Stunden erreichbar sein zu müssen, hilft es enorm, das Handy mal für einen Zeitraum X, vor allem nachts, auszuschalten – und diese Zeit für sich selbst zu nutzen.
Entspannungstechniken
Atemtechniken: Atemtechniken können überall angewendet werden, um Ruhe und Konzentration zu fördern.
Progressive Muskelentspannung: Eine Entspannungsmethode, bei der durch bewusste Anspannung und Entspannung bestimmter Muskelgruppen Entspannung herbeigeführt wird.
Meditation und Achtsamkeitsübungen: Praktiken, die helfen, den Geist zu beruhigen, den Körper zu entspannen und im Hier und Jetzt zu bleiben.
Abstand schaffen
Die Distanz gilt es auch innerlich aufzubauen, um die Kritik auszuhalten, der ein Fußballtrainer ständig von vielen Seiten ausgesetzt ist. Trainer Friedhelm Funkel hat nach eigenem Bekunden einen Schutzwall aufgebaut: „Ich habe gelernt, das nicht so nah an mich herankommen zu lassen.“ Zu seinem Selbstmanagement gehört das konsequente Beherzigen von Pausen. In einer Länderspielpause fliege er mal für ein paar Tage nach Mallorca oder gehe in Zeiten höchster Anspannung ins Kino, sagt Funkel. „Ich suche mir Nischen.“ (Die Welt, 25.9.11). Solche Nischen sind enorm wichtig, um dem Stress standzuhalten.
Regeneration
... also Erholung von vorangegangenen Belastungen und Erholung als aktiver Prozess, bei dem man sich ausruht, um wieder zu Kräften zu kommen sowie Entspannung geben neue Energie für mehr Leistung und wirken sich positiv auf die Psyche aus.
Ein Spaziergang in der Natur bietet Raum zur Reflektion, hilft, Abstand zu gewinnen und tut der Gesundheit gut. Wer das kultiviert, ist in Stresssituationen belastbarer.
Abschalten!
Nicht immer gelingt es, sich bei Ruhebedarf physisch vom Ort des Geschehens zurückzuziehen, aber mental können wir uns jederzeit auf Reisen begeben. Ich empfehle den Top-Performern deshalb eine Ergänzung zur Grundausstattung ihrer Trainermappe: das Ruhebild.
Jeder hat Erinnerungen an einen schönen Ort, an dem er sich wohl fühlt(e): das kann zum Beispiel ein Strand sein, eine Bank an einem See oder auf einem Berg …
Wer sich seinen Ruhe-Ort vorm geistigen Auge vorstellt, entspannt. Die Visualisierung fördert das Wohlgefühl und beruhigt die Nerven.
Ein Farbausdruck dieses Bildes sollte Teil der Trainermappe sein. Ein Blick darauf in herausfordernden Situationen hilft, das Bild auch innerlich abzurufen und sich mental dorthin zu versetzen.
Unterstützer suchen
Niemand wird erfolgreich ohne ein entsprechendes Unterstützer-Umfeld (Netzwerk). Ein Trainer braucht die berufliche Unterstützung von Co-Trainern, Physiotherapeuten, Ärzten, dem Vereinsvorstand etc. ebenso wie die private Unterstützung von Lebenspartnern, Freunden, Familie etc. Wer hier ständig gegen Widerstände agieren muss, verbraucht wertvolle Energie, die an anderer Stelle dringend benötigt wird.
Für den stressbelasteten Job eines Bundesliga-Trainers kommt dem privaten Umfeld eine große Bedeutung zu. Es bildet den Gegenpol zum Job, ist Kraftquelle und relativiert gleichzeitig die „Dramen des Sports“. Umso wichtiger ist es, dass hier Frieden und Stabilität herrschen. Gerät hier etwas in Schieflage, beeinflusst das auch die sportliche Zielerreichung.
Reflexion
Als Führungspersönlichkeit ist es zudem wichtig für einen Trainer, sich im Gespräch mit verschiedensten Sparrings-Partnern zu reflektieren, Impulse zu holen oder sich wieder zu „erden“. Für den ehemaligen Hockeynationaltrainer Bernhard Peters bot z.B. der gemeinsame Rückzug mit einem Trainerkollegen zu Gesprächen jenseits des Hockeys während der anstrengenden Phasen großer Turniere die Möglichkeit, sich auszubalancieren und herunterzukommen, wie er in seinem Buch „Führungsspiel“ beschreibt (vgl. Peters et al., 2012, „Führungsspiel“, S. 214).